Liebe, wie geht’s? Tipps für gelingende Beziehungen

Liebe, wie geht's? Tipps für gelingende Beziehungen
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  • Veröffentlicht: 13.02.2021
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Die Wiener Paartherapeuten Sabine und Roland Bösel wissen: Nur wer sich einlasse, liebe wirklich. Und nur wer Grenzen setze, werde geachtet.

Viele Menschen wünschen sich Beziehungen, wollen sich aber nicht tief einlassen. Was steckt hinter dieser Scheu?
Roland Bösel: Eine Ambivalenz. Diese rührt aus der Sehnsucht nach Nähe und Bindung einerseits sowie andererseits aus der Angst, verletzt und verlassen zu werden. Liebe und Angst verhalten sich wie Tag und Nacht. Eines geht nicht ohne das andere. Wichtig ist daher, beides zu würdigen. Seit Onlineportale uns eine Fülle an Möglichkeiten bieten, neue PartnerInnen kennenzulernen, ist diese Ambivalenz noch stärker geworden. Erst neulich meinte ein junger Mann bei einem unserer Workshops: „Wenn mir an meiner Freundin etwas nicht passt, schaue ich mich auf Tinder um.“ Er lenkt sich also lieber ab, statt sich auf die gemeinsame Problem­lösung einzulassen.
Sabine Bösel: Sich einzulassen kann man aber lernen. Es braucht nur die Entscheidung „Ich lasse mich jetzt ein“. Natürlich wird das Einlassen mit fortschreitendem Alter komplizierter, denn mit 50, 60 oder 70 Jahren haben die meisten schon einiges an Beziehungserfahrungen hinter sich. Lässt man sich nach Scheidungen oder dem Tod des Partners auf eine neue Liebe ein, gilt es, die Reviere abzustecken, vor allem dann, wenn man beschließt, zusammenzuziehen. Es ist generell klüger, eine neue gemeinsame Wohnung zu beziehen, statt zu erwägen, dass einer der beiden Partner beim anderen einzieht. Früher oder später beklagt sich sonst einer: „Du nimmst mir meinen Platz weg!“

Chance auf Heilung

Was gewinne ich, wenn ich mich einlasse, was versäumt man, wenn man es nicht tut?
Sabine Bösel: Ich gewinne ein Du, das ich wirklich kennenlernen darf. Dieses andere „Land“, das ich da betrete, ist interessant und trägt dazu bei, dass auch ich mich näher kennenlernen darf, weil ich dort etwas finde, das mit mir in Resonanz geht.
Roland Bösel: Was man verabsäumt, ist die Chance auf Heilung. Da spreche ich aus Erfahrung. Jahrelang quälte mich die Angst, dass mich Sabine eines Tages verlassen könnte. Dieses Glaubensmuster entstand in meiner Kindheit, in der mich meine Eltern sehr oft alleine ließen. Dadurch fühlte ich mich schnell verlassen. Sabine berührt diese Wunde immer wieder, denn wenn es in unserer Beziehung eng wird, sucht sie gerne ihre Freiheit. Ich wiederum neige zum Klammern und Festhalten. Durch das Micheinlassen auf unsere Beziehung durfte ich lernen, zu vertrauen, dass meine Frau bei mir bleibt. Selbst damals, als sie einen Liebhaber hatte, blieb sie bei mir. Das war eine schmerzhafte Erfahrung, aber durch sie wurde auch Heilung möglich!

Wie kann man die Angst vor der Hingabe, dem Sicheinlassen überwinden?
Roland Bösel: Da gibt es nur eine Antwort: mithilfe der Verliebtheit! Einmal kam ein Mann mit seiner Frau in die Paartherapie. Er sprach kein Wort. Auch als Sabine ihn fragte, warum er sich auf seine Partnerin eingelassen habe, wusste er keine Antwort. Erst als Sabine ihn dazu aufforderte, sich zu erinnern, wie es war, als er sich in seine Frau verliebte, fing er an, langsam aus sich herauszugehen. Da war plötzlich ein Leuchten in seinen Augen, ein Lächeln um seinen Mund. Auch seine Körperhaltung veränderte sich. Der Verliebtheit wohnt eine enorme Verwandlungskraft inne. Sie lässt uns über uns selbst und unsere Ängste hinauswachsen.
Sabine Bösel: Sie gibt einem eine Idee davon, wie das Paradies sein könnte und was noch alles möglich ist im Leben. Sie motiviert Paare auch ­darin, später Diskussionen durchzustehen, die nach der Rosarote-Brille-Phase kommen. Verliebtheit ist ein Geschenk. Widerfährt sie einem, sollte man sich mit ganzem Herzen einlassen, denn sie ist der Einstieg in einen gegenseitigen Heilungsprozess.

 

„Der Verliebtheit wohnt eine enorme Verwandlungskraft inne. Sie lässt uns über uns selbst und unsere Ängste hinauswachsen.“
Roland Bösel

Nach der anfänglichen Verliebtheit kommt es oft zu Abgrenzungskonflikten: Wieso denkst du anders als ich? Wieso mischst du dich in meine Angelegenheiten ein? Wieso bestehst du auf deinem Freiraum?
Sabine Bösel: Diese Grenzziehungen sind gesund, weil sie den nötigen Raum schaffen, den jeder braucht, um seine Bedürfnisse wahrnehmen zu können. Brauche ich etwa nach einem anstrengenden Arbeitstag Ruhe, dann ist das so, auch wenn mein Partner keine Ruhe braucht. Beide PartnerInnen müssen also akzeptieren, dass der oder die andere nicht genauso ist wie man selbst. Jeder hat sein eigenes Territorium. Wenn der Partner meine Grenzen missachtet, verliere ich dieses Territorium und mich selbst.
Roland Bösel: Leben Paare eine Symbiose, wissen sie nicht mehr: Wo fange ich an, wo höre ich auf? Hier fehlt die Unterscheidung. Kontakt passiert aber an Grenzen. Verschwimmen diese, kann ich weder mich noch den anderen spüren. Dann geht die Spannung verloren, auch die sexuelle.

Verbindende Erlebnisse halten lebendig

Wodurch zeichnen sich Partnerschaften, in denen gegenseitiges Einlassen gelebt wird, aus?
Sabine Bösel: Paare, die sich wirklich aufeinander einlassen, lernen voneinander, erschließen neue Territorien, überwinden alte Ängste. Sehr schön zeigt sich das bei gemeinsamen Freizeitbeschäftigungen. Die Angst etwa, auf einer Bergwanderung den Halt zu verlieren, schwindet, weil da der Partner ist, der mich begleitet. Solche verbindenden Erlebnisse halten lebendig. Schrecklich sind hingegen Partnerschaften, in denen Stillstand herrscht. Solche Paare schweigen sich oft eisern an – sogar beim Kerzenscheindinner im Wellnesshotel. In solchen Fällen ist Schweigen kein gemeinsamer Genuss, sondern ein Mittel zur Abgrenzung und Bestrafung oder ein Zeichen von Langeweile, das sich entsprechend unangenehm anfühlt. Meist sind solche Beziehungen bald darauf zu Ende. Viele Paare finden sich damit ab und stürzen sich in andere Aufgaben wie Arbeit, Hobbys, Vereinstätigkeiten, Kinder.

Lassen sich solche „Mauern des Schweigens“ abbauen?
Sabine Bösel: Ja, etwa in der Paartherapie. Voraussetzung ist, dass beide Partner bereit sind, die Vergangenheit aufzurollen. Meist liegt so einem kalten Schweigen ein schmerzhaftes Ereignis, eine Enttäuschung, zugrunde, die seinerzeit nicht kommuniziert wurde. Auch im Nachhinein lässt sich noch vieles ausreden. Entscheidend ist, dass jeder die eigenen Gefühle benennt, klare „Ich-Botschaften“ statt „Du-Botschaften“ sendet, dem und der anderen mitfühlend zuhört und bereit ist, auch zu verzeihen. Nur dann kann es weitergehen.

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Sabine und Roland Bösel sind seit ihrer Jugend ­liiert, seit 35 Jahren verheiratet und Eltern dreier erwachsener Kinder. Sie veranstalten Workshops und Seminare für Paare, Geschwister und Generationen.

In ihrem neuen Buch „Liebe, wie geht’s?“ (Orac  Verlag, 22 Euro) liefern sie 52 Impulse für gelingende Beziehungen.

www.boesels.at

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