„Man muss nicht immer gleich den Job wechseln“

„Man muss nicht immer gleich den Job wechseln“
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  • Veröffentlicht: 12.06.2023
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Gehen oder bleiben? Business-Coachin Petra Baumgarthuber rät, regelmäßig die eigenen Karriereziele zu überprüfen und offen für Wandel zu bleiben.

Was sind die Voraussetzungen dafür, dass jemand motiviert ist, lange in einem Unternehmen zu bleiben?

Das kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein. Auf jeden Fall braucht es eine positive Einstellung zur Arbeit, sie muss als sinnvoll wahrgenommen werden, Herausforderungen und ein gewisses Maß an Autonomie bieten. Wichtig sind auch gute Beziehungen am Arbeitsplatz, also, dass die Arbeit als fair und angemessen empfunden und auch so bezahlt wird und mit den persönlichen Werten und Überzeugungen übereinstimmt.

Worauf sollte man achten, wenn man schon lange in ein und demselben Unternehmen arbeitet?

Man kann die Karriereziele überprüfen: Stimmen diese noch mit dem aktuellen Job überein? Welche Ziele kann ich auch innerhalb des Unternehmens erreichen? Wo kann ich mich weiterentwickeln? Auf meiner Website gibt es dazu den Standort-Check (petra-baumgarthuber.com/orientierung-finden). Selbstmarketing ist ebenfalls wichtig, also, die eigenen Erfolge und Stärken hervorzukehren, sich im Unternehmen zu positionieren, um bei Gehaltserhöhungen oder Beförderungen berücksichtigt zu werden. Man sollte auch offen für Veränderungen bleiben. Man muss nicht immer gleich den Job wechseln.

„Wenn man sich zurückzieht, sich nicht mehr einbringt, wenn man das Gefühl hat, die eigenen Talente nicht einsetzen zu können, dann ist es Zeit zum Handeln.“
Foto: Robert Maybach

Wann ist es Zeit, den Job zu wechseln?

Wenn man sich zurückzieht, sich nicht mehr einbringt, wenn man das Gefühl hat, die eigenen Talente nicht einsetzen zu können, dann ist es Zeit zum Handeln. Man kann unter- oder überfordert sein, das Gefühl haben, nicht voranzukommen, oder man identifiziert sich mit der Arbeitsumgebung nicht mehr. Auch kann es sein, dass sich die individuellen Werte, Ziele und Prioritäten geändert haben. Dann ist es sinnvoll, den Job zu wechseln und etwas Neues zu beginnen. Man sollte aber auch die individuelle und finanzielle Situation in die Überlegung einbeziehen, etwa wenn Kredite zurückzuzahlen sind.

Wie findet man seine berufliche Bestimmung?

Berufung ist etwas, das Energie gibt – eine Tankstelle sozusagen. Die Suche nach der beruflichen Bestimmung kann sich als Herausforderung darstellen. Es gibt einige Schritte, die man unternehmen kann, um den Prozess zu erleichtern. Mein Tipp an dieser Stelle: sich geeignete Fragen stellen. Was macht mir Spaß? Welche Fähigkeiten beherrsche ich, die sich einsetzen lassen? Man kann sich über Karrieremöglichkeiten und Branchen informieren, Schnuppertage besuchen und Praktika machen. Nutzen Sie auch Karriereberatungsdienste und einen geeigneten Coach, um eigene Stärken, Interesse und Werte zu identifizieren.

Wie haben Sie Ihre berufliche Bestimmung gefunden?

Ich war 25 Jahre lang in einem Konzern und hatte einen anspruchsvollen Job. Letztendlich habe ich aber gemerkt, dass mir mein Spielfeld zu klein und eng wurde. Ich habe mich zu meiner Berufung bekannt, habe Jobrecherchen durchgeführt und mich informiert, was ich als Life- und Business-Coach brauche. Dann habe ich Zusatzausbildungen gemacht und dabei auch selbst ein Coaching in Anspruch genommen. Es geht darum, die Selbstzweifel abzulegen und mutig zu sein. Ich kenne die Gefühle und Bedenken vor und nach dem Absprung und kenne es, den „sicheren Hafen“ zu verlassen. Auch ist wichtig, offen und flexibel zu bleiben. Denn es ändern sich gerade auch viele Berufsbilder, in einigen Jahren wird es gewisse Jobs gar nicht mehr geben und neue werden entstehen.

Ist es eine gute Idee, mit 50 plus über einen Jobwechsel nachzudenken?

Bis vor wenigen Jahren war es so: Ab 45/50 will dich keiner mehr. Jetzt hat sich das sehr gewandelt. Es gibt mehr Jobs als Arbeitslose. Wenn man ständig das Gefühl hat „Ich gehör da nicht mehr hin, ich schaffe es nicht mehr, das schönzureden“, dann ist es Zeit, mutig zu sein und Neues zu wagen.  Gut ist, wenn man jemanden hat, der einen bei diesem Entschluss begleitet.

„Wenn ich in meinem Job aufgehe und mich wohlfühle, wenn ich Spaß dabei habe und meinen Job gerne tue, kann ich das ein Leben lang machen.“

Etliche ExpertInnen raten, alle drei bis fünf Jahre den Job zu wechseln. Was spricht dagegen, lange in einem Unternehmen zu bleiben?

Wenn ich in meinem Job aufgehe und mich wohlfühle, wenn ich Spaß dabei habe und meinen Job gerne tue, kann ich das ein Leben lang machen. Ich bin jetzt auch schon mehr als zehn Jahre selbständig und habe enorm viel Spaß und Freude dabei.

Was sollten Führungskräfte beherzigen, um MitarbeiterInnen zu halten?

Wichtig ist, zu beachten, dass jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin individuelle Bedürfnisse und Wünsche hat. Die Wahrscheinlichkeit des Bleibens ist höher, wenn Sie im Gespräch bleiben, um die Erwartungen zu verstehen und individuelle Lösungen zu finden. Um MitarbeiterInnen zu halten, können Führungskräfte eine Reihe von Maßnahmen ergreifen. Hier sind einige Möglichkeiten:

Petra Baumgarthubers Tipps für Führungskräfte

  1. Wertschätzung zeigen: Anerkennung und Wertschätzung für die Arbeit der MitarbeiterInnen sind entscheidend. Loben Sie Erfolge, zeigen Sie Interesse an ihren Ideen und geben Sie regelmäßiges Feedback.
  2. Weiterentwicklung ermöglichen: Gute MitarbeiterInnen wollen sich weiterentwickeln. Bieten Sie ihnen Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbildung und zur Übernahme von Verantwortung. Individuelle Entwicklungspläne können dabei helfen. Unterstützen Sie Ihre MitarbeiterInnen dabei, ihre Fähigkeiten zu erweitern und Neues zu erlernen.
  3. Work-Life-Balance fördern: Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben ist für viele Mitarbeitende wichtig. Bemühen Sie sich um flexible Arbeitszeiten, Home-Office-Optionen und ermöglichen Sie Auszeiten, um Stress abzubauen.
  4. Ein positives Arbeitsumfeld schaffen: Sorgen Sie für eine angenehme Arbeitsatmosphäre, in der sich die MitarbeiterInnen und Mitarbeiter wohl- und respektiert fühlen. Fördern Sie Teamarbeit, offene Kommunikation und Zusammenarbeit.

 

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