„Schon meine Oma wollte zum Bundesheer“

„Schon meine Oma wollte zum Bundesheer“
Foto: Dietmar Bodensteiner
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  • Veröffentlicht: 12.03.2024
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Seit einem Jahr gibt es den „Freiwilligen Grundwehrdienst“, der Frauen einen niederschwelligen Zugang zum Österreichischen Bundesheer ermöglichen soll. Eine der Rekrutinnen, die sich dafür entschieden haben, ist die 17-jährige Denise Hillisch, die mit ihrer Schwester in der Bolfras-Kaserne in Mistelbach (NÖ) dient.

Frau Hillisch, wie wurden Sie auf den Freiwilligen Grundwehrdienst aufmerksam? Wann haben Sie Ihren Dienst angetreten?

Ich bin am 8. Jänner eingerückt. Entschlossen habe ich mich, nachdem ich am Bataillon X teilgenommen habe. Ich wollte mir vorher ein Bild davon machen, ob mir das Bundesheer gefällt. Zuvor habe ich dafür auch den Girls’ Day besucht.

Was ist das Bataillon X?

Oberstleutnant Herwig Graf: Dabei handelt es sich um ein Angebot, dass jedes Jahr auf Bundesebene veranstaltet wird. Im vergangenen Jahr fand dieses bei uns statt. Mädchen ab 17 Jahren können sich für das Bataillon X freiwillig melden und sind dann für 48 Stunden in der Kaserne untergebracht. In diesen zwei Tagen erhalten sie Einblicke in das Leben der Soldaten und Soldatinnen. Dafür bekommen sie eine Uniform, dürfen in der Kaserne übernachten und erhalten auch eine Ausbildung am Sturmgewehr. Am Programm steht außerdem Exerzierdienst, am zweiten Tag gehen wir dann nach draußen ins Gefecht, es gibt eine Mutprobe und am Abend ein Zeltlager. Die Teilnehmerinnen übernachten draußen, es wird auch gemeinsam gekocht. Am letzten Tag wird das Zeltlager wieder abgebaut und sie kehren in die Kaserne zurück.

 

Wenn junge Männer 18 Jahre alt sind, werden sie automatisch zur Stellung geschickt. Wie kommt man als Frau zum Bundesheer?

Man kontaktiert zunächst das Heerespersonal. Dort stellen sie dir einige Fragen bezüglich dem, was man gerne machen und wie weit man gehen möchte. In einem nächsten Schritt wird besprochen, wann und wo man einrücken kann und welche Waffengattung man machen möchte. Ich habe mich anfangs für die Aufklärer interessiert, jetzt werde ich aber Beobachterin. Zur Stellung müssen Frauen genauso.

Was sind AufklärerInnen, was BeobachterInnen?

Oberstleutnant Herwig Graf: Grundsätzlich gibt es zwei Waffengattungen, die Artillerie und die Aufklärer. Letztere haben die Aufgabe, ein Lagebild zu erstellen und Informationen über den Gegner zu beschaffen. Dazu gibt es verschiedene Methoden, zum Beispiel die Gesprächsaufklärung oder die Drohnenaufklärung. Die Beobachter sind Teil der Artillerie und somit unser zweites Standbein hier in der Kaserne. Sie sind für die weiträumige Feuerunterstützung da, das heißt, sie beobachten die Lage auf dem Gefechtsfeld, suchen nach lohnenden Zielen, bestimmen die Koordinaten des Ziels, das wir bekämpfen, und verarbeiten diese weiter. Die Artillerie feuert in der Folge auf das Ziel, während der Beobachter kontrolliert, ob es auch getroffen wurde. Dabei gilt es zu bedenken: Wir können bis zu 28 Kilometer weit schießen, dabei müssen verschiedene Einflussfaktoren wie Wind, Temperatur oder Luftdruck berücksichtigt werden. Der Beobachter ist sowohl für die Ziel-, als auch für die Wirkungsbeobachtung zuständig.

 

Sie sind nicht allein eingerückt, sondern gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester. Woher kommt Ihr gemeinsames Interesse am Bundesheer?

Schon unsere Oma wollte zum Bundesheer. Sie konnte es aber aufgrund ihrer Kinder nicht. Sie war es, die mir und meiner Schwester das Bundesheer empfohlen hat. Sie war überzeugt, dass es für uns gut wäre, weil sie wusste, dass wir keinen Job wollten, bei dem wir nur sitzen, sondern einen mit Action. Also entschlossen wir uns, es auszuprobieren.

Welche Erfahrungen haben Sie seither im Bundesheer gemacht, entspricht der Dienst Ihren Erwartungen?

Es ist schon anders, als ich erwartet habe: Es ist viel anstrengender. Aber man kommt zurecht. Natürlich versuchen die Wachtmeister, also die Ausbilder, uns an unsere Grenzen zu bringen. Gleichzeitig unterstützen sie uns aber auch.

Teil des Bundesheeres zu sein, bedeutet auch, mit Waffen zu hantieren. Das schreckt viele ab. Wie geht es Ihnen damit?

Für mich war es nicht so schwer, da ich schon vorher mit dem Jagdschein angefangen und daher bereits Erfahrungen mit der Waffe gesammelt hatte. Auch die anderen RekrutInnen, die eingerückt sind, hatten keine Probleme. Es hilft, dass alles Schritt für Schritt erklärt wird, damit nichts schief gehen kann.

Wie wichtig ist es in Ihren Augen, dass mehr Frauen ins Bundesheer kommen?

Ich würde mir wünschen, dass sich mehr dafür begeistern. Es ist nicht nur Aufgabe der Männer, unser Land zu schützen – wir Frauen können das genauso gut. Ich fände es gut, wenn sich mehr Frauen dafür engagieren würden.

Ist es ein Vorurteil, dass man als Mädchen beim Bundesheer Hänseleien durch männliche Kollegen ausgesetzt ist oder haben Sie so etwas auch bereits erlebt?

Es gibt ab und zu ein paar Sticheleien, aber auf der anderen Seite helfen sie einem. Wir unterstützen uns gegenseitig, da spielt es keine Rolle, ob Mann oder Frau.

Haben Sie schon entschieden, ob Sie nach Ende Ihres Grundwehrdienstes in Ihr vorheriges Leben zurückkehren oder ob Sie weiter einer militärischen Karriere nachgehen?

Aus jetziger Sicht würde ich weitergehen. Ich würde danach gleich entweder Charge für drei Jahre oder die Ausbildung zum Unteroffizier machen, um schließlich Wachtmeister zu werden.

Foto: Bodensteiner
Denise Hillisch

Denise Hillisch absolviert ihren freiwilligen Grundwehrdienst im Aufklärungs- und Artilleriebataillon 3 in der Bolfras-Kaserne in Niederösterreich. Im Jänner sind dort acht Frauen eingerückt, insgesamt sind in Mistelbach derzeit 19 Soldatinnen im Einsatz.

Treten Frauen ins Bundesheer ein, erhalten sie einen Vertrag für zwölf Monate. Da ihr Dienst aber freiwillig ist, können sie den Vertrag jeden Tag beenden. Ist der Dienst beendet, gibt es die Option, weitere Ausbildungen – im Falle von Denise Hillisch etwa eine 18-monatige Unteroffiziersausbildung – zu absolvieren.