In der Pension an die Uni

In der Pension an die Uni
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  • Veröffentlicht: 27.09.2022
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Studieren in der zweiten Lebenshälfte? Kein Problem. Ingrid Oberkalmsteiner ist eine von mehr als 400 StundentInnen im Programm „Uni 55-PLUS“ in Salzburg.

„In der Pension habe ich auf einmal eine große Sehnsucht nach Weiterbildung verspürt“, erzählt Ingrid Oberkalmsteiner (65). In den Salzburger Nachrichten war die ehemalige Bankangestellte und Altenpflegerin auf einen Artikel über die „Uni 55-PLUS“ gestoßen und sie wusste sofort: „Das will ich machen!“ Mit Kindern und Beruf hatte bis dato wenig Zeit gehabt, ihren Wissensdurst zu stillen. Diesen Wunsch konnte sie sich nun erfüllen.

Seit zehn Jahren gibt es in Salzburg „Uni 55 -PLUS“, ein universitäres Bildungsangebot für Personen ab 55 Jahren. „Ziel war und ist es, für Männer und insbesondere auch für Frauen in der zweiten Lebenshälfte ein Angebot des lebensbegleitenden Lernens zu schaffen“, so die Leiterin des Programms Susanne Ring-Dimitriou. Wichtig ist dabei der niederschwellige Zugang: Erforderlich ist weder Matura, noch muss man sich für volles Studium mit Abschluss als Bachelor oder Master verpflichten. Teilnehmende können einfach im Rahmen einzelner Lehrveranstaltungen ihr Wissen erweitern. „Personen ab 55 Jahren schreiben sich als außerordentliche Hörer ein und erhalten damit auch eine Reduktion der gesetzlich vorgeschriebenen Studiengebühr“, erklärt Ring-Dimitrou. In Summe macht das 270,70 Euro pro Semester (statt 384,60). Es ist auch möglich, im Alter von 50 Jahren zu starten, dann jedoch ist die volle Gebühr zu entrichten.

„Wenn ich in den Vorlesungen sitze, fühle ich mich immer viel jünger und so lebendig.“

Lang gehegter Wunsch

Die Motivation der älteren Studierenden, Hörsaal-Luft zu schnuppern, ist unterschiedlich. Viele erfüllen sich einen Wunsch, weil „sie immer schon einmal studieren wollten“. Oder sie wollen sich in wissenschaftliche Themen oder Fachgebiete vertiefen, wofür sie bisher keine Zeit hatten. Insgesamt kann man aus 400 Lehrveranstaltungen wählen. Besonders beliebt sind die Fächer Kunstgeschichte, Philosophie, Theologie und Geschichte. Darüber hinaus kann man auch an Computer- und Bibliothekskursen teilnehmen.

Ingrid Oberkalmsteiner hat sich schon immer für Psychologie interessiert, daher wählte sie vor allem Themenbereiche aus dem Psychologiestudium, wie Neuropsychologie, psychische Störungen und ihre Behandlung, philosophische Anthropologie und Entwicklungspsychologie. Besonders spannend findet sie dieses theoretische Wissen vor dem Hintergrund ihrer praktischen Erfahrungen mit ihren zwei mittlerweile erwachsenen Kindern und ihren Enkelkindern zwischen eineinhalb und 13 Jahren.

Dass in vielen Lehrveranstaltungen nur eine oder zwei SeniorInnen sitzen, macht Ingrid Oberkalmsteiner nichts aus. Im Gegenteil: Die jungen KollegInnen erlebt sie als sehr entgegenkommend und hilfsbereit und es freut sie, wenn sie im Gegenzug StudienanfängerInnen Inhalte erklären kann. Häufig ergeben sich dabei auch nette Gespräche.

Das Besondere der Uni 55-PLUS sei der Austausch zwischen Jung und Alt in vielen Lehrveranstaltungen, bestätigt auch Ring-Dimitriou. „Voneinander zu lernen und Lebenserfahrungen auszutauschen wird als sehr bereichernd erlebt.“

„Wenn ich in den Vorlesungen sitze, fühle ich mich immer viel jünger und so lebendig“, erzählt Oberkalmsteiner, die einmal pro Woche mit dem Zug nach Salzburg fährt, um dort Vorlesungen zu besuchen. Obwohl sie keine „Scheine sammeln“ müsste, entschied sie sich dazu, auch Prüfungen abzulegen. Das Lernen war zwar am Anfang ungewohnt, aber rasch machte es ihr großen Spaß. Und die Mühe lohnte sich: Mit „gut“ oder „befriedigend“ abzuschneiden, war für sie „ein unglaubliches Glücksgefühl“.

„Die älteste Studentin ist 88 Jahre alt.“

Einen neuen Sinn finden

Insgesamt 425 SeniorInnen waren im Wintersemester 2021/22 an der Uni 55 plus angemeldet. Frauen sind mit 60 Prozent in der Überzahl. „Der Bildungswille ist bei Frauen etwas stärker. Das liegt auch daran, dass sie teilweise nicht die Möglichkeit hatten, in jungen Jahren zu studieren“, erklärt Herta Windberger aus dem Büro der Uni 55-PLUS. Auch vor dem hohen Alter macht der Lerneifer nicht Halt: Die älteste Studentin ist 88 Jahre alt.

Durch die Corona-Pandemie ist die Zahl der StudentInnen zurückgegangen. In Online-Workshops wurden die TeilnehmerInnen mit der Lehre via Bildschirm vertraut gemacht. „Dennoch haben wir circa 50 Prozent der TeilnehmerInnen verloren“, bedauert Ring-Dimitriou. Einige haben jedoch auch die Vorteile des E-learning für sich entdeckt: Man kann die Inhalte der Lehrveranstaltungen wiederholt anhören, Vorlesungszeiten flexibel wählen, und Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen können die Inhalte ihrem bevorzugtem Tempo anpassen. „Der überwiegende Tenor war aber, dass die Online-Lehre das physische Miteinander nicht ersetzen kann.“

Auch Ingrid Oberkalmsteiner fehlte die „Uni-Atmosphäre“. Im Herbst möchte sie ihr Studium wieder fortsetzen: „Ich hoffe sehr auf einen uneingeschränkten Uni-Betrieb.“  – Wie bereichernd das späte Studium sein kann, weiß auch Susanne Ring-Dimitriou: „Die TeilnehmerInnen sagen immer wieder, wie sehr die Uni sie verändert hat und auch half, dem Leben einen neuen Sinn zu geben.“

Alle Informationen zur Uni 55 plus unter: www.uni-salzburg.at/uni-55plus

Weitere Angebote der Unis für Senioren

SeniorInnen haben grundsätzlich die Möglichkeit, sich entsprechend der Zulassungsvoraussetzungen für ein reguläres Studium anzumelden oder bei Vorlesungen zuzuhören. Darüber hinaus bieten einige Universitäten spezielle Programme:

Studieren auch ohne Matura

Das erste institutionalisierte Studium für SeniorInnen in Österreich gibt es seit dem Wintersemester 2007/08 in Klagenfurt. Gemeinsam mit sechs Kärntner Bildungseinrichtungen wird an der Universität Klagenfurt das „Seniorstudium Liberale“ angeboten. Der Grundgedanke: „Nicht nur ältere Personen mit Matura sollen die Möglichkeit haben, ihren Horizont zu erweitern“, so der Initiator Paul Kellermann. Es handelt sich um kein reines Seniorenstudium, die TeilnehmerInnen sind zwischen 40 und 92 Jahre alt. „Der größte Altersanteil liegt zwischen 61 und 70 Jahren und Frauen überwiegen, weil sie durch Mutterschaft und Beruf oft nicht die Möglichkeit hatten zu studieren“, erklärt Sabine Palfinger, die den Universitätslehrgang organisiert. Das Angebot richtet sich an all jene, die ihren Geist wachhalten oder sich wissenschaftlich weiterbilden wollen. Der Kostenbeitrag ist mit 100 Euro pro Semester bewusst niedrig gehalten, damit dem Bildungswillen keine finanziellen Hürden entgegenstehen. Die reguläre Studiendauer beträgt vier Semester, wenn die StudentInnen dem Curriculum folgen und eine schriftliche Arbeit über ein selbst gewähltes Projekt verfassen. Zum Abschluss gibt es ein Zertifikat. Ein Einstieg ist jederzeit möglich. Kern des Studiums sind Lehrveranstaltungen aus den Geisteswissenschaften, etwa Geschichte, Pädagogik, Kunstgeschichte und Philosophie, aber auch Betriebswirtschaft und Mathematik. „Besonders gut besucht sind die Sprachkurse: Spanisch, Italienisch, Französisch, Slowenisch“, weiß Paul Kellermann. Wer keine Prüfungen absolvieren will, kann sich nach persönlichem Interesse Lehrveranstaltungen zusammenstellen.

Seniorstudium Liberale an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt:

www.uni-klu.ac.at/senior

Wer älter als 55 Jahre ist und noch einen akademischen Abschluss erwerben will, kann dies an der Uni Wien tun. Seit März 2019 wird dort das „Studium Generale“ angeboten, bei dem SeniorenstudentInnen mit Matura oder Studienberechtigungsprüfung zu Akademischen Absolventen oder mit Erststudium zu Masters of Arts werden können. Der gesamte Studiengang umfasst zwölf Module aus den Fachbereichen der Theologie, Geographie, Botanik und Artenschutz, Informatik, Philosophie, Chemie, Politikwissenschaft, Germanistik bis hin zu Kommunikation und Medien, er kostet 6400 Euro. Die reguläre Dauer beträgt vier Semester mit Abschluss zum Akademischen Absolventen. Für den Master-Abschluss kommen noch einmal zwei Semester hinzu. Die TeilnehmerInnen müssen nicht zwingend ein ganzes Studium absolvieren, auch einzelne Semestermodule können besucht werden. Die Gebühr beträgt dann 600 Euro.

Studium Generale an der Uni Wien

www.postgraduatecenter.at

Seit 2012 gibt es an der IMC Fachhochschule Krems das Projekt SeniorInnen-Uni. Das viersemestrige Weiterbildungsangebot für Studierende aus Niederösterreich umfasst acht Module mit den Themen Gesundheit, Sport und Prävention, IT, Neue Technologien und Digitalisierung, Wirtschaft und Recht bis hin zu Persönlichkeitstraining. Der Schwerpunkt liegt auf „Ehrenamtlichem Engagement“. Das viersemestrige Angebot kostet 400 Euro pro Semester und ist in Blockveranstaltungen aufgeteilt, darüber hinaus erstellen die TeilnehmerInnen eine Projektarbeit. „Eine Teilnehmerin hat zum Beispiel ein `Mitfahrbankerl` – eine Art Mitfahrbörse – konzipiert. Das Projekt wurde in einer Gemeinde umgesetzt und es wird sehr gut angenommen“, erklärt Sabine Steinkellner, Leiterin des Projekts. Der nächste Lehrgang startet vorbehaltlich der Finanzierung durch das Land Niederösterreich im Herbst 2023.

SeniorInnenuni an der IMC FH Krems:

www.seniorinnenuni.at

Weitere Infos auch unter: www.seniorenstudium.at