Der gelernte Kommunikationswissenschaftler versteht sein Handwerk und vermittelt Wissen gekonnt und inspirierend. Sein Plädoyer, die Freundschaft zu retten und das gleich beim Freund oder der Freundin in der Nähe, klingt nie abgehoben, sondern überaus empathisch und selbstkritisch.
Geborgen in uralter Vertrautheit
Was ist Freundschaft, was lässt sie gedeihen, was gefährdet sie?
Der Autor arbeitet akribisch, liefert Statistiken und analysiert die Aussagen von Philosophen, am stärksten ist sein Schreiben aber dann, wenn er die Episoden erzählt, in denen er Freund war, zum Freund wurde, einen Freund verlor. So wichtig eine gute Recherche ist, so bedeutsam ist die Wiedergabe der Selbstreflexion, sind die vielen Mosaiksteinchen, die Freundschaft ausmachen. Und ja, da gehört auch dazu, aufeinander zu schauen und miteinander zu grillen.
Das Buch kommt eigentlich recht akademisch daher und schon sitzt man in aufrechter Lesehaltung, bereit das Wesentliche zu unterstreichen und einfach auch ein wenig klüger bzw. geläuterter zu werden. Der gelernte Kommunikationswissenschaftler versteht sein Handwerk und vermittelt Wissen gekonnt und inspirierend. Sein Plädoyer, die Freundschaft zu retten und das gleich beim Freund oder der Freundin in der Nähe, klingt nie abgehoben, sondern überaus empathisch und selbstkritisch.
Schoepp setzt sich auch mit Frauen- und Männerfreundschaften auseinander und liefert in dem Kapitel „Als Freundschaft männlich war“ (S. 131) inspirierende Erkenntnisse. Die „klischeehafte Zweiteilung von Männer- und Frauenfreundschaft“ wüsste Schoepp übrigens gern im Wandschrank der Geschichte verstaut.
„Ich kenne jedenfalls viele Frauen, die über Jahre hinweg ohne feste Beziehung gelebt haben und in dieser Zeit auch kein gesteigertes Interesse bekundeten, sich in eine neue zu stürzen, jedenfalls nicht um jeden Preis. Gute Freundinnen sind für sie erheblich mehr als ein Substitut, sie decken ein breites Feld an elementaren Lebensbedürfnissen ab und knüpfen ein emotionales Netz.“
Was Sie versäumen, wenn Sie dieses Buch nicht lesen:
Situationen echter Freundschaft, große Emotionen, kleine und große Abschiede und Neuanfänge, Gelassenheit, wissenschaftliche Analyse, Soziologie und Philosophie in feinen Häppchen, Lust gleich selbst loszuphilosophieren, Dankbarkeit für eigene Freundschaften und den Impuls, jetzt doch sofort eine Freundin anzurufen und ihr zu sagen: Danke für deine Freundschaft. Natürlich auch einen Freund!
Sebastian Schoepp
Jahrgang 1964, Studium der Kommunikationswissenschaften, Amerikanistik und Romanistik in München, Journalismusstudium in Barcelona war viele Jahre Redakteur der Süddeutschen Zeitung und hat im Westendverlag bereits mehrere Bücher veröffentlicht „Das Ende der Einsamkeit“, „Mehr Süden wagen“ und „Seht zu, wie Ihr zurechtkommt“.
Sebastian Schoepp
Rettet die Freundschaft.
Wie wir gemeinsam wieder zu mehr Leichtigkeit und Lebensfreude finden.
Frankfurt/Main: Westend 2022.
ISBN 978-3-86489-364-3.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
www.sprachbilder.at
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