... weil´s Kindlein schlafen will“ heißt es in einem traditionellen Weihnachtslied. Würde das Christkind in der heutigen hektischen Weihnachtszeit überhaupt noch Ruhe finden? Doch. Manche Menschen schaffen sich in dieser Zeit Orte der Stille, der Geborgenheit, der Freude für sich und für andere.
Das tägliche Versammeln am Adventkranz, das Eintauchen in die Stille, der Zauber diese Zeit und die Freude über die Geburt Jesu Christi steht bei einer siebenköpfigen Familie aus Niederösterreich an erster Stelle. Sie lebt die Adventszeit sehr bewusst nach christlichen Ritualen.
Es wird täglich am Adventkranz ein freies Gebet gesprochen, zweimal die Woche um sechs Uhr die Rorate (besonders gestaltete Messfeiern an Werkstagen im Advent) besucht und anschließend im Pfarrhof gefrühstückt. „Wenn ich mit unseren Kleinen morgens in der Dunkelheit mit der Laterne zur Kirche gehe, ist das eine besondere Stimmung. Die Stille in der Kirche tut der Seele gut“, schildert die fünffache Mutter.* Zwang, dieses Programm mitzumachen, gibt es in der Familie nicht. „Jeder nach seinen Möglichkeiten.“
„Wenn ich mit unseren Kleinen morgens in der Dunkelheit mit der Laterne zur Kirche gehe, ist das eine besondere Stimmung. Die Stille in der Kirche tut der Seele gut“
Rahm- und Nudelsuppe
Am 24. Dezember steht ein Hauptanliegen im Vordergrund: „Die Freude, dass uns Jesus geschenkt wurde.“ Daher dreht sich nicht alles um den Weihnachtsbraten und Geschenke, sondern um das gegenseitige Schenken von Freude. Tagsüber wird gefastet, mittags gibt es Rahm- oder Nudelsuppe, abends Bratwürstl oder Fisch mit Reis.
„Wir tun uns da keinen Stress an.“ Die Kinder bekommen kleine Geschenke (jeweils um maximal 20 Euro), für die Kleinsten gibt es natürlich einen im Vorhinein geheim geschmückten Weihnachtsbaum. Die Eltern schenken sich jedes Jahr gegenseitig einen Brief. „Darin stehen Sachen, die man am anderen schätzt, die uns wichtig sind. Wir schreiben einander Mut zu. Natürlich kommen auch jene Dinge zur Sprache, die uns nicht passen.
Für das Verfassen des Briefes nehmen wir uns Zeit. Ich freue mich auf diese Zeilen meines Ehemannes immer sehr. Sie sind voller Innigkeit und Ehrlichkeit.“ Die Krippe steht am Heiligen Abend im Zentrum der Familienfeier mit traditionellen Weihnachtsliedern, aber auch ein „Happy Birthday“ wird für Jesus gesungen. „Es liegt an uns, dass wir Jesus in unsere Herzen lassen. Wenn uns das gelingt, ist dies das schönste Geschenk.“
Geborgenheit
Die Freude der Weihnacht an andere weiterzugeben ist auch für Elisabeth Flicker am Heiligen Abend ein Hauptanliegen. Seit 16 Jahren ist die Rot-Kreuz-Mitarbeiterin Mitinitiatorin des Weihnachtsfestes für Einsame und Obdachlose der Erzdiözese Salzburg im ArbeiterInnen-Begegnungs-Zentrums (ABZ) im Stadtteil Itzling. „Ich komme aus einer Familie, in der es sehr viel Geborgenheit gibt. Diese Geborgenheit möchte ich an Menschen weitergeben, die in großer Armut und Isolation leben.“ Und das sind nicht wenige. Im Vorjahr waren es 300 Personen, die an Weihnachten Gemeinschaft und ein warmes Essen im ABZ gesucht und gefunden haben.
„Ich komme aus einer Familie, in der es sehr viel Geborgenheit gibt. Diese Geborgenheit möchte ich an Menschen weitergeben, die in großer Armut und Isolation leben.“
Ein leises Weinen
Jedes Jahr fällt es Elisabeth Flicker immer wieder schwer, zur Christnacht von ihren Geschwistern und ihrer Mutter, die zusammen feiern, wegzugehen. Doch kaum beim Obdachlosen-Fest angekommen, gibt es solche Gedanken nicht mehr. Es herrscht dort eine besondere Atmosphäre – die Tische sind feierlich gedeckt, es gibt einen Christbaum, ein Festmahl, ein gemeinsames Singen von Weihnachtsliedern, Kinderpunsch, kleine Geschenke, Stille beim Vorlesen des Evangeliums und lange Gespräche.
„Manche weinen leise, einige sind sehr still, wieder andere erzählen mir ihre Lebensgeschichten, die mich sehr berühren. Im Vorjahr war das eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die wirklich in großer Armut lebten. Ihre Geschichte hat mich sehr erschüttert.“ In den ersten Jahren hat die Salzburgerin versucht, den Heiligen Abend am Christtag nachzufeiern, doch das hat nicht funktioniert. „Nach solch einem Abend ist mein Kopf zu voll. Wenn ich Geschenke bekomme, kann ich sie meist erst Wochen später aufmachen. Sie verlieren an Bedeutung, das andere ist wichtiger.“
Zeit für den Partner
Einen anderen Weg zur Weihnachtszeit gehen Robert und sein Partner Jürgen seit sechs Jahren. Der 24. und 25. Dezember sind für die beiden vor allem Tage der Ruhe, um füreinander Zeit zu haben. „Vor unserer ersten Weihnachtsfeier haben sich mein Lebensgefährte und ich sehr bewusst damit auseinander gesetzt, wie wir Weihnachten feiern wollen. Wir haben sofort gewusst, dass wir kein traditionelles Weihnachten wollen, wie wir es beide von unseren Ursprungsfamilien kennen. Da wir keine Kinder haben, empfinden wir die klassische Inszenierung für uns nicht passend. Wir haben keinen Weihnachtsbaum und singen keine Weihnachtslieder“, schildert Robert M.
„Da wir keine Kinder haben, empfinden wir die klassische Inszenierung für uns nicht passend. Wir haben keinen Weihnachtsbaum und singen keine Weihnachtslieder“
Und so haben die beiden ein für sie passendes Ritual gefunden. Am 24. Dezember sind die Handys ausgeschaltet, es wird ausgeschlafen, der Tag auf dem Sofa verbracht und kleine Geschenke werden ausgetauscht. Irgendwo im Wohnbereich steht ein dezentes Gesteck mit vier Kerzen – weder rund, noch grün.
Der Eine besteht auf einen kleinen weihnachtlich geschmückten Zweig, der Andere am 25. Dezember auf das Horchen des Weihnachts-Oratorium von Johann Sebastian Bach. „Wir reden natürlich über unsere Weihnachtsfeste von früher, der christliche Gedanke ist in unseren Köpfen. “
*Name der Redaktion bekannt