„Nach dem Ausmisten hat man wieder Luft für sich“

„Nach dem Ausmisten hat man wieder Luft für sich“
Foto: Adobe Stock
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  • Veröffentlicht: 03.02.2023
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Petra Grubers Leben änderte sich 2020 schlagartig. Ihr Mann starb, zudem verlor sie ihren Job. Anstatt sich unterkriegen zu lassen, ordnete sie ihr Leben neu. Sie gründete das Unternehmen „Reset your home“ und hilft seither als Ordnungscoachin Menschen dabei, Dinge auszusortieren und ihr Zuhause aufzuräumen.

Viele Frauen haben fürs neue Jahr gute Vorsätze gefasst. Warum kann es hilfreich sein, am Jahresanfang Ordnung in den eigenen vier Wänden zu schaffen?

Der Jahreswechsel ist symbolisch gesehen ein Neustart. Wenn man bei sich zu Hause an einem Punkt angelangt ist, an dem man sagt: „So will ich nicht mehr wohnen“, dann eignet sich der Jahresbeginn sehr gut, um das Ordnungsprojekt anzugehen.

Sie haben sich auf „Wendepunkte“ spezialisiert. Ein Wendepunkt, den sicher viele erleben, ist die Trennung von einem Partner, einer Partnerin.

Eine Trennung kann im Extremfall auch der Tod des Partners oder Ehemanns, der Ehefrau sein. Wenn solch einschneidende Dinge im Leben passieren, dann sollte man auch den Wohnraum mit der Zeit an die neue Situation anpassen. Es gibt viele, vor allem ältere Frauen, die Dinge ihres verstorbenen Partners Jahrzehnte lang aufheben. Natürlich brauchen Hinterbliebene gewisse Erinnerungsstücke, aber ob es so viele sein müssen, dass ich mir selbst Raum und Luft blockiere, das ist zu hinterfragen. Es ist zwar schwierig zu raten: „Sie sollten sich von den 20 Anzügen ihres verstorbenen Mannes trennen.“ Aber wenn man nachfragt, was ein wirklich wichtiges Erinnerungsstück ist, dann bleiben meist nur wenige Gegenstände übrig. Es bewahrheitet sich immer wieder, dass man nach dem Ausmisten wieder Luft für sich hat. Dann gelingt auch der Neustart besser.

„Was mit den aussortierten Gegenständen geschieht, ist eine wichtige Frage. Psychologisch gesehen ist es für viele beruhigend zu wissen, dass diese Gegenstände woanders einen Platz finden.“

Wer sind Ihre KundInnen?

Mich rufen Menschen an, die erkannt haben, dass sie so chaotisch nicht mehr wohnen möchten und es nicht alleine schaffen, auszusortieren und aufzuräumen. Diese KundInnen besitzen entweder zu viele Sachen oder wissen nicht, wo sie anfangen sollen. Was mit den aussortierten Gegenständen geschieht, ist eine wichtige Frage. Psychologisch gesehen ist es für viele beruhigend zu wissen, dass diese Gegenstände woanders einen Platz finden.

Wie läuft solch ein Ordnungscoaching ab?

Ich mache mir in einem Erstgespräch vor Ort ein Bild. Beim Coaching stehe ich daneben und wenn ich sehe, dass noch Potenzial da ist, Gegenstände wegzugeben, stelle ich die richtigen Fragen. Weggeben fällt einem viel leichter, wenn man dabei gecoacht wird. Im nächsten Schritt geht es darum, die Gegenstände zusammen zu tragen, die auch zusammengehören. Wenn man sie gesichtet hat, überblickt man, wie viel von einer Kategorie da ist und wie viel Platz diese Gegenstände beanspruchen. Auch ist es wichtig zu beachten, wie das Handling zu Hause individuell funktioniert.

Foto: Petra Gruber, resetyourhome.at

Wo kann ich die aussortierten Gegenstände hinbringen?

Beim Weggeben gibt es immer drei Möglichkeiten. Eine Option ist, dass die Gegenstände verkauft werden. Dafür gibt es diverse Onlineplattformen. Wichtig ist dabei zu schauen, ob sich der Aufwand lohnt. Ansonsten kann ich auch anbieten, dass ich die Dinge mitnehme und zu Wohltätigkeitsorganisationen bringe. Oder die dritte Möglichkeit: Vieles kann man tatsächlich entsorgen.

Welche Fragen stellen Sie den KundInnen während des Coachings?

Die Fragen sind individuell. Wenn eine KundIn zum Beispiel gleich sieben Regenschirme hat, stell ich die Frage: Zu welchem Regenschirm greifst du, wenn es regnet? Es wird nur einer sein. Einen borgt man her und einen hat man als Ersatz.

Das heißt, sie sortieren und ordnen gemeinsam aus? Oder stellen Sie den KundInnen Hausaufgaben?

Beides. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass die KundInnen mit mir gemeinsam besser ins Tun kommen und sich eine Eigendynamik entwickelt. Das ist für mich immer das Schönste: zu sehen, dass das Projekt jetzt Fahrt aufnimmt.

„Ich sage immer, Dinge müssen irgendwo wohnen. Dann ist diese Überwindung, Ordnung zu schaffen, nicht groß. “

Sind Ihre KundInnen ausschließlich Frauen?

Es sind zu 95 Prozent Frauen.

Ordnung schaffen ist also Frauensache?

Wahrscheinlich eher. Warum das so ist, darüber kann man Theorien aufstellen.

Ist es das Rollenbild von früher, welches sich hier widerspiegelt?

Ja, das kann natürlich sein. Ich tendiere allerdings dazu, dass Frauen einen feineren Sinn dafür haben, wie es einem in den Räumen geht. Sie spüren es besser, wenn sie sich nicht wohlfühlen.

Was erleben Sie, wenn Sie Ordnung schaffen?

Es ist eine Befreiung, die ich immer wieder erlebe und diese Erfahrung will ich weitergeben. Natürlich passiert es auch mir, dass Sachen liegen bleiben. Aber ich weiß, wo ich sie einräumen muss. Ein Handgriff und sie sind auf dem Platz, wo sie wohnen. Ich sage immer, Dinge müssen irgendwo wohnen. Dann ist diese Überwindung, Ordnung zu schaffen, nicht groß.

Wie kamen Sie zum Ordnungscoaching?

Vorletztes Jahr hat sich in meinem Leben viel verändert. Nachdem mein Mann gestorben ist, musste ich auch meine Wohnung adaptieren. Danach war für mich der richtige Zeitpunkt für eine berufliche Veränderung und zudem wollte ich meine Erfahrungen weitergeben. Ich habe erlebt, wie gut es tut, wenn man sich aus einer Krisensituation selbst wieder rausziehen kann.

„Man sollte sich diese berühmten zehn Minuten am Tag angewöhnen und aufräumen.“

Wie kann ich mit wenigen Handgriffen Ordnung schaffen?

Dinge müssen einen fixen Platz haben. Danach muss man diesen Platz etablieren. Der erste Schritt sind immer das Ausmisten, Reduzieren und Kategorisieren. Danach sollte man sich Gedanken machen, wo die Dinge am praktischsten aufbewahrt sind. Wichtig ist auch, dass die Dinge greifbar sind. Wenn ich weiß, das Küchengerät brauche ich zweimal in der Woche, sollte ich es so aufbewahren, dass ich nicht drei Sachen dafür wegräumen muss.

Haben Sie einen Tipp für die perfekte Ordnung zu Hause?

Man sollte sich auch diese berühmten zehn Minuten am Tag angewöhnen und aufräumen. Man kann sich zum Beispiel am Handy eine Erinnerung stellen. Im besten Fall täglich, bis man sich das Aufräumen angewöhnt hat. Eine gewisse Routine braucht es.

Gibt es für meine Ordnung zu Hause wichtige Utensilien?

Bei Schachteln bin ich zurückhaltend, sie wegzugeben. Schachteln kann man immer gut gebrauchen. Es gibt auch praktische Aufbewahrungsutensilien, zum Beispiel durchsichtige Boxen für den Kühlschrank. Bei Kleiderschränken sollte man auch ganz viele Schubladen einplanen.

Welche Routinen haben Sie selber?

Mittlerweile gehe ich nicht mehr schlafen, wenn in der Küche das Geschirr herumsteht – zum Beispiel.

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