„Jeder reist als Individuum, aber trotzdem als Gruppe im Ganzen“

„Jeder reist als Individuum, aber trotzdem als Gruppe im Ganzen“
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  • Veröffentlicht: 27.09.2023
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Frühstück in Deutschland, Waffeln in Belgien, Jause in Frankreich und Fish and Chips in Großbritannien: Schon die Hinfahrt nach London war für Erika und Hans Abel ein Erlebnis. Mit dem Zug ging es in die britische Hauptstadt, die sie gemeinsam mit ihrer Reisegruppe von „Weltanschauen“ erkundeten.

Sie sind nachhaltig mit dem Nachtzug nach London angereist. Für viele klingt so eine lange Zugfahrt mühsam, wie haben Sie die Nacht erlebt?

Hans Abel: Man kann schlafen, wenn man, so wie meine Frau, überall schlafen kann. Wenn man zu Hause auch nicht so gut schläft, dann schläft man im Zug sowieso nicht. Man liegt da drinnen, hört zu, wie man fährt, und ist froh, wenn man auf zwei Stunden Schlaf kommt. (lacht)

Erika Abel: Bei meiner ersten Weltanschauen-Reise war ich im Liegewagen. Da habe ich mir gedacht: Dafür bin ich zu alt, ich fahre nur noch Schlafwagen – das ist mir jeden Groschen wert! (lacht) Beim Einsteigen um halb 10 in der Nacht waren die Betten im Schlafabteil schon fixfertig hergerichtet und ich bin sofort eingeschlafen.

Auf Ihrer Zugreise haben Sie mehrere Länder durchquert. Was war das Bemerkenswerteste auf dieser langen Hinfahrt?

Erika Abel: Man muss wissen: Wir sind am Abend in Wels weggefahren und am nächsten Tag, als wir angekommen sind, war das gleichzeitig mein erster Pensionstag. Das Witzige war: An diesem Tag habe ich in Deutschland im Zug gefrühstückt, habe am Vormittag in Brüssel eine Waffel gegessen, habe in Frankreich im Ärmelkanal Mineral und Kabanossi gejausnet und am Abend in Großbritannien Fish and Chips gegessen. Das ist sehr cool für den ersten Pensionstag!

Wie fühlt es sich an, unterirdisch durch den Eurotunnel zu fahren?

Hans Abel: Es ist im Zug auf einmal merklich kälter geworden. Da habe ich zu meiner Frau gesagt: „Jetzt sind wir bestimmt schon unter Wasser.“ Aber die Fahrt durch den Eurotunnel selber dauert nicht so lange, nur 25 Minuten circa.

Erika Abel: Auf der Strecke von Brüssel nach London gibt es schon vor dem Eurotunnel mehrere Tunnel. Man sieht natürlich nichts, es wird auch nicht auf einem Display angezeigt, dass man sich unter dem Ärmelkanal befindet. Deswegen haben wir auch überlegt, ob wir schon im Eurotunnel sind oder nicht. Und dann – wusch – bist du draußen in der Sonne. Und dann guckst du auf Google Maps und staunst, weil du schon in Großbritannien bist. Also das geht wirklich ratzfatz.

„Ich hab zu Erika immer gesagt: ‚Wenn Weltanschauen einmal nach London fährt, dann fahr ich auch mit!‘“
Hans Abel

Was war Ihre Motivation, sich der Reisegruppe von Weltanschauen anzuschließen?

Erika Abel: Nach Venedig, Paris und Brüssel war London jetzt bereits meine vierte Städtereise mit Weltanschauen. Außer Venedig war ich davor noch nie in diesen Städten, also fahre ich jedes Mal mehr oder weniger ohne feste Erwartungen mit und lasse mich einfach überraschen, von dem, was passiert und von dem, was mir angeboten wird. Meine Überlegung war also: „Der Christoph [Anm.: Christoph Mülleder, Leiter von Weltanschauen] macht eine Reise nach London, da bin ich dabei!“ Weil mir die Reisen von Christoph immer so gut gefallen.

Hans Abel: Für mich war die Reise interessant, weil mich Städte sehr faszinieren und sie abwechslungsreich sind – von den Museen her, von den Sehenswürdigkeiten her. Ich hab zu Erika immer gesagt: „Wenn Weltanschauen einmal nach London fährt, dann fahr ich auch mit!“ Denn London muss man schon einmal gesehen haben. Und dann hat sie die Reise tatsächlich gefunden!

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„Mir gefällt an den Reisen, dass man die Stadt aus dem Blickwinkel eines Bewohners sieht.“
Erika Abel

Frau Abel, für Sie besteht also immer wieder Wiederholungsbedarf: Was ist der besondere Anreiz mit Weltanschauen zu reisen?

Erika Abel: Ich brauche mich um nichts kümmern. Ich weiß, wo und wann ich in den Zug einzusteigen habe, ich bekomme mein gebuchtes Abteil und weiß, jetzt geht es los. Mir gefällt an den Reisen, dass man die Stadt aus dem Blickwinkel eines Bewohners sieht. Weltanschauen erklärt dir ganz anders, wie das Leben in dieser Stadt funktioniert.

Wie war Ihr erster Eindruck von der Stadt?

Hans Abel: Wir waren jetzt zum ersten Mal dort. Auf den ersten Blick war es fremd, weil wir auf einmal alles mit der Bankomatkarte zahlen mussten, selbst Beträge um drei Euro. Aber London hat sehr sauber und sicher gewirkt und die Leute sind wirklich sehr freundlich.

London ist eine sehr bekannte Stadt, man hat ein Bild im Kopf, auch wenn man noch nie dort war. Gibt es etwas, das Sie überrascht hat?

Hans Abel: Ja, wir haben uns gefragt, wo eigentlich die Polizisten sind? Wir haben keinen typischen Bobby mit Hut gesehen!

Erika Abel: Das stimmt, aber dafür haben wir die roten Telefonzellen gefunden.

Hans Abel: Es war auch schön, dass weniger Touristen da waren als erwartet. Ich hab mir gedacht, das gibt es ja nicht, dass vor dem Riesenrad keine Schlange ist! Man ist wirklich überall schön durchgekommen. Da haben wir Glück gehabt.

Lassen Sie uns an der Reise teilhaben. Welche Eindrücke oder Highlights sind Ihnen in Erinnerung geblieben?

Erika Abel: Julia, unsere Führerin, war echt der Hammer. Alleine ihr Wissen über die Stadt! Sie hat uns sehr gut durch London geführt und auch einige weniger bekannte Dinge gezeigt – zum Beispiel, wo der Schauspieler wohnt, der Davy Jones in „Fluch der Karibik“ gespielt hat. Die Millennium Bridge war sehr faszinierend und in der St. Paul’s Cathedral haben wir ein tolles Konzert besuchen können. Was ich auch recht witzig fand: Die Londoner haben für die Hochhäuser eigene, individuelle Namen – die Scherbe, die Gurke, die Käsereibe, das Walkie-Talkie.

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Hans Abel: Wir haben gesehen, wie die Tower Bridge aufgeht und ein Schiff durchfährt. Das ist sich gerade noch ausgegangen – wir sind im Laufschritt hingerannt. So oft sieht man das live ja nicht. Was mir auch wirklich gefallen hat: Wir haben ein richtig urbritisches Hotel gehabt, mit Spannteppich, auf dem man wie auf Wolken gegangen ist. Es war in einem Viertel, so wie man es vom Fernsehen kennt: eine lange Reihe mit niedrigen Häusern, alle mit den gleichen Türen, mit einer Wohnung unten im Keller, in die man von außen hineingehen kann.

Was haben Sie erleben dürfen, was man auf einer herkömmlichen Reise vielleicht eher nicht zu Gesicht bekommt?

Erika Abel: Julia hat uns Plätze gezeigt, die wir alleine als Touristen sicher nicht gefunden hätten, zum Beispiel einen Streetfood-Market. Wir haben auch viele Hintergrundinformationen bekommen. Die Themse war zum Beispiel sehr weit unten, weil Ebbe war, und wir haben uns gefragt, warum unten am Flussufer Leute unterwegs sind. Julia hat uns erklärt, dass früher alles in die Themse reingeworfen worden ist, was die Menschen nicht mehr gebraucht haben. Durch die Ebbe und Flut kommen nach wie vor diverse Schätze zum Vorschein, zum Beispiel Hutnadeln aus dem 18. und 19. Jahrhundert.

„Mich hat der Piccadilly Circus mit der großen Werbeleinwand beeindruckt. Hinter der Leinwand misst ein Computer, wie viele Leute am Platz sind, welche Altersgruppen da sind und wie das Wetter gerade ist.“
Erika Abel

Die Metropole London und Ihr Heimatort Kremsmünster könnten wahrscheinlich kaum unterschiedlicher sein. Gab es etwas, das Sie als Landmensch besonders beeindruckt hat?

Erika Abel: Mich hat der Piccadilly Circus mit der großen Werbeleinwand beeindruckt. Hinter der Leinwand misst ein Computer, wie viele Leute am Platz sind, welche Altersgruppen da sind und wie das Wetter gerade ist. Aufgrund dessen stellt er dann die Werbung zusammen. Bei uns war es heiß, deswegen kam irrsinnig oft Coca-Cola-Werbung. Wenn es geregnet hätte, wäre Werbung für Gummistiefel oder Regenschirme gekommen. Also da habe ich momentan schon ein wenig geschluckt, das kenne ich natürlich als Landpomeranze aus Kremsmünster nicht!

Hans Abel: Mich hat der Big Ben beeindruckt und auch der Buckingham Palace – aber natürlich hat uns leider keiner empfangen. (lacht)

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Apropos empfangen: Wie wurden Sie empfangen, gab es Begegnungen mit Menschen, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind?

Hans Abel: Es ist irrsinnig interessant, dass so viele Deutschsprachige in der Stadt waren.

Erika Abel: Wir sind zum Beispiel spazieren gegangen, da sehe ich in einer Auslage schöne Radiergummis, Bleistifte und ein Federpennal, die ich für meinen achtjährigen Großneffen kaufen wollte. Im Geschäft höre ich, wie eine Frau mit ihrem Kind hinter mir auf Deutsch redet. Beim Rausgehen sagt sie „Tschüss“ und ich darauf „Auf Wiederschauen“. Als wir zu dem jungen indischen Verkäufer vorgegangen sind, fragt er uns auf Deutsch, woher wir kommen. Und ich antworte: „Aus Österreich.“ Daraufhin haben wir uns unterhalten und er erzählt uns, dass er neun Jahre in Niederösterreich gelebt und gearbeitet hat, aber seine ganze Familie in London ist, weswegen er jetzt auch da ist. Aus dem Instinkt heraus frage ich ihn, wo er glücklicher war? Und er sagt: „In Niederösterreich. Da habe ich acht Stunden pro Tag gearbeitet, hatte eine 5-Tage-Woche, zwei Tage frei und hatte Urlaub. Hier arbeite ich zwölf Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.“

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Wie haben Sie das Reisen in der Gruppe empfunden?

Hans Abel: Es war wirklich sehr diszipliniert. Die Gruppe war durchgemischt von Jung bis Alt, es hat keiner gemeckert, alle waren zufrieden. Die Reiseleiterin Bettina hat das gut abgestimmt. Jeder reist als Individuum, aber trotzdem als Gruppe im Ganzen. Das gibt auch ein bisschen Sicherheit.

Erika Abel: Ich war jetzt zum ersten Mal mit dem Hans mit Weltanschauen unterwegs, die letzten drei Mal war ich immer alleine. Es sind immer wieder allein reisende Frauen oder auch Männer dabei. Man findet gleich Anschluss, findet immer wen, mit dem man sich zusammentut. Da hätte ich noch nie Bedenken gehabt. Wir fahren auch alle aus demselben Grund mit: weil wir wissen, das ist von „Welt der Frauen“ und die Reisen macht der Christoph. Das passt sehr gut!

„Mir hat der Aufenthalt einen Gusto gemacht. Wir werden wieder kommen!“
Hans Abel

Wird es eine zweite Londonreise geben?

Hans Abel: Also mir hat der Aufenthalt einen Gusto gemacht. Die Reise hat uns ein gutes Gesamtbild gegeben, aber für Museen war die Zeit dieses Mal zum Beispiel zu kurz. Wir werden wieder kommen und die Stadt selber erkunden.

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