Sie wird gerne als „Die Greta Afrikas“ tituliert – auch wenn sie das nicht mag. Im Rahmen des Austrian World Summit gastierte die Klimaaktivistin Vanessa Nakate (25) aus Uganda in Österreich.
Frau Nakate, wie sind Sie zur Klimaaktivistin geworden?
Vanessa Nakate: Ich habe 2019 angefangen zu streiken, nachdem ich erfahren hatte, wie sich der Klimawandel auf mein Land und verschiedene Teile der Welt auswirkt. Die steigenden Temperaturen verändern die klimatischen Bedingungen und haben extreme Niederschläge und intensive Trockenperioden zur Folge. Mein Land hat Überschwemmungen, Dürren und Erdrutschungen erlebt, was zum Verlust der Lebensgrundlage für so viele Menschen geführt hat. Ich erinnere mich, dass ich in der Schule über den Klimawandel gelernt habe, aber ich habe nie wirklich verstanden, worum es wirklich ging. Ich beschloss, auch an den Fridays For Future-Streiks teilzunehmen, nachdem ich von Greta Thunberg inspiriert wurde.
Sie werden öfter mit Greta Thunberg verglichen. Was stört Sie daran?
Nakate: Nun ja, ich bin Vanessa. Und es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Klimabewegung mehr ist als ein oder zwei Gesichter, sie hat Millionen von Gesichtern aus verschiedenen Teilen der Welt und wir müssen allen zuhören.
Mit welchen Schwierigkeiten sehen Sie sich als weibliche Klimaaktivistin in Uganda konfrontiert?
Ich kann mich noch gut an meine ersten Tage als Aktivistin auf den Straßen erinnern und die vielen abschätzigen Kommentare, die ich von den Leuten bekam. Einige warfen mir vor, dass ich nur nach einem Mann suchte, den ich heiraten konnte. Es ist die Norm, dass ein Mädchen gierig darauf ist zu heiraten. Nach den gesellschaftlichen Vorstellungen gehören Frauen in die Küche. Dass eine Frau auf Veränderungen drängt, hat so manchen vor den Kopf gestoßen und es war auch nicht einfach, mich mit einem Plakat auf die Straße zu stellen und über ein Thema zu sprechen, über das nicht gesprochen wurde.
Sie wurden durch ein Foto beim Klimagipfel in Davos 2020 gemeinsam mit Greta Thunberg berühmt, weil man Sie herausgeschnitten hatte. Erleben Sie immer noch Ausgrenzung und Rassismus?
Nakate: Das Erlebnis in Davos hat mir und auch vielen anderen vor Augen geführt, wie sehr gerade die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Gebiete ständig von den internationalen Medien ausgeklammert werden. Rassismus tritt immer noch auf wenn KlimaaktivistInnen aus dem globalen Süden von Klimakonferenzen ausgeschlossen werden oder wenn ihnen ein Visum verwehrt wird, um daran teilzunehmen. Die internationalen Medien und die Industrieländer müssen verstehen, wie wichtig es ist, auf jede Stimme zu hören. Jede AktivistIn hat eine Geschichte zu erzählen, jede Geschichte kann eine Lösung aufzeigen und somit Leben verändern. Wir können nicht von Klimagerechtigkeit sprechen, ohne auf die am stärksten betroffenen Menschen und Gebiete zu hören.
Wie manifestiert sich die Klimakrise in Uganda?
Die Auswirkungen sind nicht neu, allerdings sind viele Menschen nicht darüber informiert. In Zentral-Uganda haben etwa im Jahr 2020 sintflutartige Regenfälle zu einem Anstieg des Viktoriasees geführt, wodurch viele Haushalte in den Küstenregionen zerstört wurden. Im östlichen und mittleren Teil Ugandas hatten die starken Regenfälle auch Erdrutsche und Schlammlawinen zur Folge. Im nördlichen Teil des Landes erleben wir aufgrund der geringen Niederschläge eine anhaltende Dürre. Das wiederum führt zu unsicheren Ernte-Erträgen, stört die Nahrungsmittelproduktion und führt zu Ernährungsunsicherheit. Das sind aber nur die primären Auswirkungen. Es gibt auch sekundäre Auswirkungen, die sich aus dem Klimawandel ergeben. Wenn Ackerland zerstört wird und Familien ihre Einkommensquellen verlieren, versuchen sie ihre Kinder zu verheiraten und verkaufen junge Mädchen an einen Bräutigam. Die extremen Wetterereignisse wirken sich auch negativ auf die Bildung der Kinder aus, die in betroffenen Gebieten leben, weil einige Schulen überflutet wurden und sogar die Straßen zu den Schulen während der starken Regenfälle unpassierbar waren.
Und das wird sich weiter verschärfen…
Der Klima-Tracker weist darauf hin, dass die Welt trotz der Zusagen, die auf der Klimakonferenz in Glasgow im vergangenen Jahr gemacht wurden, auf eine globale Erwärmung von 2,4 Grad Celsius zusteuert. Das heißt, dass wir auf ein katastrophales Niveau der Erd-Erwärmung zusteuern, was wiederum einen Anstieg des Grundwasserspiegels zur Folge hat. Wir werden noch mehr Nahrungsmittelknappheit und Ernährungsunsicherheit erleben als jetzt. Noch mehr Mädchen werden die Schule abbrechen. Mädchen und Frauen trifft die Klimakrise besonders. Die Auswirkungen des Klimawandels werden sich verstärken, weil die Zusagen und Verpflichtungen nicht erfüllt und mutige Maßnahmen nicht ergriffen werden.
Was haben Sie noch vor?
Wir werden für Klimagerechtigkeit kämpfen, bis wir sie erreicht haben. Wir werden die Staats- und Regierungschefs weiterhin daran erinnern, sinnvolle Maßnahmen und Entscheidungen zu treffen, die nicht gewinnorientiert sind, sondern sich auf das Wohlergehen der Menschen konzentrieren. Ich werde weiterhin meine Stimme nutzen, um die Folgen des Klimawandels aufzuzeigen, um der Welt zu zeigen, dass der Klimawandel nicht etwas ist, das in der Zukunft passieren wird, sondern dass er bereits Leben, Haushalte und Gemeinschaften zerstört.
Unter dem Motto „Creating Hope – Inspiring Action“ fand am 14. Juni der internationale Klimagipfel „Austrian World Summit“ in der Wiener Hofburg statt. Nationale und internationale Klimaschützer zeigten dabei mögliche Auswege aus der Klimakrise auf. Arnold Schwarzenegger war der Initiator der Konferenz, die heuer bereits zum sechsten Mal stattfand.
Titelfoto:
Klimastreik in Uganda: Die österreichische Klimaaktivistin Noomi Sollak (3.v. rechts unten) mit Vanessa Nakate (2.v.r. oben) und AktivistInnen: (von links nach rechts oben): ein Landwirt, Davis Reuben, Isaac Ssentumbwe, Aidah Nakku, Hamira Kobusingye, Vanessa Nakate, Edwin Namakanga; (links nach rechts unten): Ahmed Kaganda, Joshua Omonuk, ein Landwirt, Faith Kwagala, Noomi Sollak, Evelyn Acham, ein Landwirt)