Autorin und Verlag passen wunderbar zusammen, so wie Zucker und Zimt. Johanna Aust lädt in ihre Weihnachtsbackstube und gibt nicht die Expertin, die sie zweifelsohne ist, sondern legt die Latte niedrig: „Auf die Plätzchen fertig los! Grundausstattung für Ausstecherinnen und Knetmeister“. Das geht in diesem freundschaftlichen, hilfreichen Ton Teig um Teig weiter. Man muss nicht bereits Tonnen an Keksen gebacken haben, um hier gleich von Anfang an mit dabei zu sein.
Schön auch die Bebilderung des Buches, Kinder sind hier beim Backen und Kosten dabei, ein wenig Bullerbü also. Dass Seite 14 und 15 Teige präsentiert, ist hilfreich, gegen Ende wäre das wohl zu spät. Das Wie der Präsentation ist zudem genial.
„Teigsorten-Singlebörse. Der Wählerische: Mürbteig; die Schönheit: Spritzgebäck; das Sensibelchen: Biskuitteig.“
Jeder Teig hat sein Dating-Profil: Da erzählt mir der Blätterteig, dass er eigentlich ganz sportlich sei, viele Schichten habe und man ihm – völlig zu unrecht vermutlich – nachsage, ungesund zu leben. Schöner ist so ein üppiger Teig wohl noch nie beschrieben worden. Ich treffe mich demnächst mit ihm.
Die Rezepte sind ebenfalls gekonnt geordnet: für Klassische, für Schokoliebhaber, für Nussverfechter, für Kokosanhänger, für Fülle-Verliebte, für Extravagante, für Spritzgebäckfans, für Marzipanfreunde, für Schneeverehrer, für Fruchttiger, für Alternative und für No-Waste-Befürworter. Daran schließt dann das alphabetische Register an, falls man noch nicht genau weiß, wo man dazu gehört.
Damit man sich zwischen all diesen Versuchungen nicht verirrt, gibt die Autorin Tipps für die Vorbereitung und stellt einem dann Teig für Teig vor.
„Einfach mal Hand auflegen: Ein guter Teig beginnt mit dem richtigen Gespür. Fühl nach und du wirst wissen, was er braucht!“
In diesem Backbuch findet jeder/jede seinen/ihren Lebensabschnitts-Teig und wird das Kneten, Rollen und/oder Ausstechen genießen. Es ist doch ein Wunder, dass man aus Butter, Weizenmehl … dann 100 Stück, die mehrere Wochen bei uns wohnen, herstellt. Wer? Was? Also ich rede von „Vanillekipferl“, 100 Stück, das reicht doch glatt für zwei Leseabende! Aber gut zu wissen, dass die Haltbarkeit mehrere Wochen beträgt, während beispielsweise bei den „Linzer Augen“ die Konfitüre bereits nach 2 – 3 Wochen austrocknet. Wenn etwa Eiweiß übrig bleibt, dann macht die Autorin diesem Dampf und erzeugt wundervolle Kokosbusserl.
Man muss nichts können, man muss wollen. Man darf alles ausprobieren. Man darf AnfängerIn sein, Kalorien sollte man nicht fürchten, das wäre eine gute Voraussetzung. Jedes Keks erhielt hier ein Porträtfoto, manche geben ein Familienfoto, Groß- oder Kleinfamilie: Die Tonalität dieser Fotos ist einzigartig, da wird nicht überdekoriert, sondern die Kekse liegen im Mittelpunkt, die Keramik hält sich diskret zurück, kein Klimbim oder Blink-Blink verstellt hier den Blick aufs Wesentliche.
Was Sie versäumen, wenn Sie dieses Buch nicht lesen
Lust, Freude, Kalorien, Einführung ins Keksebacken, Dates mit den unterschiedlichen Teigen, Ermutigung zum Selbermachen, Verzicht auf Besserwisserei, Sprachwitz und Stil.
Die Autorin Johanna Aust
wohnt in der Steiermark, beschreibt sich als leidenschaftliche Bäuerin, sie gibt Kurse und Seminare und sie ist ein Schatz, denn wer sagt denn sonst Worte wie: „Ich wünsche viel Entspannung beim Backen, ganz besondere Genussmomente beim Verkosten und viel Spaß beim Verschenken!“
Johanna Aust:
Die besten Weihnachtskekse.
111 himmlische Rezepte.
Innsbruck: Löwenzahn Verlag 2019.
280 Seiten.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
www.sprachbilder.at
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