Mit dem Buch „Aus die Maus. Der Ratgeber für ein richtig mieses Leben“ hat der Welser Psychotherapeut Wolfgang Pichler quasi einen Anti-Ratgeber vorgelegt. Ein Gespräch über das Glücklichsein an sich und wie man es vermeiden kann.
Sie haben eine Anleitung für ein richtig mieses Leben geschrieben. Warum?
Wolfgang Pichler: Es gibt ja schon eine Unzahl von Ratgebern „Wie werde ich glücklich“, „Wie werde ich erleuchtet“, „Wie bekomme ich eine tolle Beziehung“ und so weiter. Meine Absicht war, dem nicht noch etwas hinzuzufügen. Andererseits ist ein wesentlicher Beweggrund für dieses Buch, dass ich in meiner Psychotherapiepraxis, aber auch in meinem privaten Umfeld feststellen kann, dass sich Menschen zwar sehr bemühen, eine gute Richtung einzuschlagen, aber immer wieder von verinnerlichten, unbewussten Glaubessätzen, sozusagen „Programmierungen“ eingeholt werden – das ist ein wahrliches Störmuster, das ihnen permanent Knüppel zwischen die Füße wirft. Wenn jemand ein Perfektionist, eine Perfektionistin ist zum Beispiel, dann kann er oder sie sich noch so sehr anstrengen, mit allen Kräften Ziele zu erreichen und so weiter – in Summe wird es immer wieder ein sehr verkrampftes Leben.
Glücklichsein, was ist das eigentlich und wie weiß man, dass man glücklich ist?
Das ist eine sehr große Frage. Aber simples Beispiel: Wenn Sie eine anstrengende Bergtour gehen und sich da fünf oder sechs Stunden abrackern, völlig erschöpft irgendwann wieder zuhause sind, es war sehr kalt, und sich dann unter die Dusche stellen, dann haben Sie ein Gefühl von Glück, weil das Wasser so angenehm warm ist. Wenn Sie aber eingesperrt werden und 24 Stunden duschen müssen, wird von diesem Glück überhaupt nichts mehr übrig bleiben, sondern Sie werden von dem, was Sie gerade noch glücklich gemacht hat, sehr geplagt sein. Ich würde mich eher danach orientieren: Was erfüllt mit Sinn, was begeistert, was bringt Leidenschaft, wofür kann ich dankbar sein? Und in all diesen Aspekten stecken Momente des Glücks. Vielleicht kann man es auch ein bisschen damit vergleichen: Da gibt es in einem Speiseeis eine so tolle Geschmacksnote, die ist einfach genial in diesem Eisarrangement. Wenn das Eis aber nur noch aus dieser einen Komponente besteht, dann bleibt von dem tollen Geschmackserlebnis gar nichts mehr übrig. Ich denke, es braucht immer einen ganzen Strauß von Qualitäten, die das Leben dann wirklich freudvoll werden lassen.
Sie geben in Ihrem Buch mit einem Augenzwinkern viele Tipps, wie man sich ein richtig mieses Leben erschaffen kann. Was wären denn ein paar zuverlässige Zutaten?
Also das ist leicht. Die Grundbasis ist, sich viel mit negativen Nachrichten zu impfen aus Zeitungen, Sozialen Netzwerken oder auch den regionalen Nachrichten – damit man wirklich immer genau weiß, wenn sich jemand einen Finger abgeschnitten hat in irgendeinem Dorf. Dann sollten Sie sich auch nicht bewegen, Ihre Gefühle schön bei sich behalten – also keine emotionalen Ventile –, und unregelmäßig schlafen. Und denken Sie sehr viel. Außerdem: So wenig wie möglich im jetzigen Augenblick sein – das ist sehr günstig, damit Sie sich gut fürchten können. Wenn Sie richtig Angst haben wollen, müssen Sie das, was Sie befürchten, sehr, sehr ernst nehmen und am besten gedanklich permanent in der Zukunft sein. Die Zukunft, das kann in fünf Sekunden sein oder in fünf Stunden, egal, seien Sie nur nicht im Jetzt. Denn Angst braucht fast immer Zukunft. Auch mit der Ernährung kann man natürlich viel ausrichten. Sehr viel weißen Zucker zuführen, das ist auch wertvoll für ein mieses Leben, da ziehen Sie sich einiges an Krankheiten zu.
Sind Sie glücklich?
Manchmal. Aber ich bin nicht so darauf aus. Meine Grundausrichtung ist: Fühle ich mich dankbar? Ich frage also nicht so sehr „bin ich“, sondern „fühle ich“. Denn vom Denken her könnte ich sagen, ich bin dankbar, weil ich etwas zu essen habe und bla, bla, bla. Aber im Wesentlichen gibt doch im Leben immer das Gefühl den Ausschlag. Und ja, das trainiere ich täglich, auch vor dem Schlafengehen, dass ich mir mindestens zehn Inhalte des Tages aufrufe, bei denen ich diese Dankbarkeit empfunden habe. Das ist für mich ein guter Rahmen, um auch immer wieder Glücksmomente zu erleben. Aber ich würde den Menschen eher abraten, zu fragen „Bin ich häufig glücklich?“ Besser wäre: „Wie kann ich viel Dankbarkeit empfinden? Kann ich immer wieder liebevolle Momente, kann ich Mitgefühl empfinden?“ Das ist für mich wesentlich wichtiger als „Bin ich glücklich?“
Wolfgang Pichler (54) ist Psychotherapeut mit Praxis in Wels, Oberösterreich. Gemeinsam mit Autor Thomas Hartl nimmt er in dem Buch „Aus die Maus. Der Ratgeber für ein richtig mieses Leben“ notorische SchwarzseherInnen, immer Zu-kurz-Gekommene, Zaudernde, GrüblerInnen und Unzufriedene humorvoll aufs Korn, bietet mit einem Augenzwinkern aber auch Lösungsangebote.
Buchtipp
Wolfgang Pichler,
Thomas Hartl:
Aus die Maus
Der Ratgeber für ein
richtig mieses Leben
Goldegg Verlag