Kann Nahrung krank machen?

Kann Nahrung krank machen?
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  • Veröffentlicht: 25.09.2023
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20 Jahre lang prägte Hausmannskost die Speisekarte von Petra Reingrubers Gasthaus in Hellmonsödt (OÖ). Heute setzt sie auf pflanzliche Vollwertkost.

Frau Reingruber, wann haben Sie sich entschieden, neben der klassischen Hausmannskost die gesunde Küche in Ihrem Gasthaus in den Vordergrund zu stellen?

Ich habe mich schon immer für gesunde Ernährung interessiert. Gesunde Ernährung ist, wenn man sich richtig ernährt, das gesamte Leben. Aber konkret spürte ich im Jahr 2020, ganz unabhängig von der Coronakrise, dass ich eine Veränderung in meinem Leben, einen neuen Abschnitt beginnen wollte. So habe ich von Herbst 2020 bis Mai 2021 eine Ausbildung zur diplomierten Ernährungstrainerin absolviert und mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen. Meine Diplomarbeit beschäftigte sich daraufhin mit der Frage „Macht uns unsere industrielle Nahrung krank?“. Im Zuge dieser fand ich vieles heraus, vor allem, welche Dinge für uns wichtig und wertvoll sind und welche nicht. 

Zu welchem Ergebnis sind Sie bei Ihrer Arbeit gekommen? Macht uns diese Nahrung krank?

Ja, auf jeden Fall. Die Inhaltsstoffe dieser Lebensmittel enthalten viele Zusätze, die wir nicht benötigen. Allen voran sind das große Mengen an Geschmacksverstärker, zu viel Salz, Zucker sowie die falschen Fette und Öle. 

Wie ging es dann weiter? Mit einer Ausbildung und der Diplomarbeit war es ja noch nicht getan.

Im Rahmen meiner Diplomarbeit musste ich auch einen Praxisbericht schreiben. Während des Schreibens ist mir intuitiv meine spätere Produktlinie „Die gesunde Linie“ eingefallen. Diese Idee habe ich dann weiterentwickelt. Mittlerweile läuft es sehr gut, ich habe jetzt zwölf Produkte, darunter verschiedene selbsthergestellte Müslimischungen, gesunde Cracker oder Toppings, die ich fix vermarkte und auch an einige Läden verkaufe. Vor der Eingangstüre habe ich außerdem einen Kühlschrank aufgestellt, der gut angenommen wird. Neben meinen gängigen Produkten ist dieser auch mit Kichererbsencurry, Linsensuppen und -Bolognese sowie mit veganem Parmesan befüllt.

„Jeden Tag steht ein pflanzlich vollwertiges Menü mit mindestens zwei entsprechenden Gerichten auf meiner Speisekarte.“
Industrielle Nahrung krank
Foto: Victoria Preining

Und Sie haben noch mehr Ideen verwirklicht. Was folgte im nächsten Schritt?

Genau, ich habe im Jahr 2022 außerdem die Ausbildung zur veganen Ernährungstrainerin bei Rüdiger Dahlke in der Südsteiermark absolviert. Das hat mir noch einmal sehr viel Input gegeben und mich noch ein Stück weiter nach vorne gebracht. Mittlerweile biete ich in meinem Gasthaus nicht nur meine Produkte an. Ich führe auch viele Kochkurse und Einzeltrainings durch. Jeden Tag steht ein pflanzlich vollwertiges Menü mit mindestens zwei entsprechenden Gerichten auf meiner Speisekarte. Jeden ersten Samstag im Monat veranstalte ich außerdem das „etwas andere Frühstück“. Hierzu bereite ich alle Speisen selbst zu, vom Gebäck über Porridge bis hin zu pflanzlicher Eierspeis, Aufstrichen, Müslis und verschiedenen Süßspeisen.

Sie sprechen von pflanzlich vollwertiger und nicht nur veganer Ernährung. Was ist der Unterschied? 

Der große Unterschied ist, dass man bei der pflanzlich vollwertigen Kost weitgehend auf Haushaltszucker und auf weißes Mehl verzichtet. Statt kurzkettiger werden komplexe beziehungsweise vollwertige Kohlenhydrate verwendet. Denn anders als oft behauptet, sind nicht alle Kohlenhydrate schlecht, auch wenn sie oft verteufelt werden. Dabei ist es nur entscheidend, welche Art man zu sich nimmt. Die richtigen sind gut für unseren Stoffwechsel, unser Gehirn und unseren Energiehaushalt.

„Dass sich sehr viele schlichtweg darauf konzentrieren, abnehmen zu müssen. Das ist der falsche Zugang. Wenn ich den Fokus nur darauf lege, dann stelle ich meine Ernährung nicht um und es droht der Jo-Jo-Effekt. Es ist besser, die Ernährung zu verändern und großteils auf eine pflanzliche Nahrung zu setzen.“

Welche klassischen Ernährungsfehler nehmen Sie bei Ihren KursteilnehmerInnen wahr? 

Dass sich sehr viele schlichtweg darauf konzentrieren, abnehmen zu müssen. Das ist der falsche Zugang. Wenn ich den Fokus nur darauf lege, dann stelle ich meine Ernährung nicht um und es droht der Jo-Jo-Effekt. Es ist besser, die Ernährung zu verändern und großteils auf eine pflanzliche Nahrung zu setzen. Für den Anfang wäre es schon gut, zwei vegane Tage in der Woche einzubauen und genauer darauf zu achten, was man zu sich nimmt. 

Sie haben Ihr monatliches gesundes Frühstück bereits angesprochen. Ist das tatsächlich die wichtigste Mahlzeit des Tages oder ist das ein Mythos?

Das kommt auf den einzelnen Menschen an. Bei manchen ist es das Wichtigste, am Morgen zu essen. Bei anderen, die zum Beispiel Intervallfasten, kommt es auf die Zeiteinteilung an. Für mich steht im Vordergrund, dass ich in der Zeit, in der ich esse, gute Lebensmittel verwende. Ansonsten gilt: Was für einen am besten passt, ist richtig. Es geht darum, wieder mehr auf den eigenen Körper, den eigenen Geist und die eigene Mitte zu hören. Obwohl gerade das in unserer schnelllebigen Zeit sehr schwierig ist.

Ihr Gasthaus liegt mitten im Mühlviertel. Wie haben die BewohnerInnen auf die Veränderungen in Ihrem Haus reagiert?

Die Reaktionen waren sehr gemischt. Manche hatten dafür kein Verständnis. Sie sind der Ansicht, dass einem mit dieser Ernährung etwas fehlt, dass auch mir etwas fehlt. Andere finden es spannend und innovativ, so etwas in Hellmonsödt anzubieten, weil das auch heute noch am Land sehr ungewöhnlich ist. Der Großteil waren jene, die sehr begeistert waren.

Den Einwand, dass mit pflanzlicher, veganer Ernährung Mangelerscheinungen drohen würden, hört man wirklich häufig. 

Es stimmt schon: Wer sich einfach „nur“ vegan ernährt, kann tatsächlich schnell in einen Nährstoffmangel geraten. Ernährt man sich allerdings pflanzlich vollwertig, beschäftigt sich mit Ernährung und weiß, dass man zum Beispiel Vitamin B12 zuführen und auf gute Getreidesorten und Fette achten muss, dann hat man auch kein Problem. Für mich war es auch wichtig, viele Wildkräuter zu verwenden. Ich litt früher unter einem großen Eisenmangel, seitdem ich diese esse, wirke ich dem erfolgreich entgegen. Meine Werte überwache ich außerdem regelmäßig mithilfe von Blutabnahmen. Die Ergebnisse sind so gut wie nie zuvor.

„Mit Fertiggerichten tut man dem Körper nichts Gutes, sondern nur der Industrie.“

Wer sich gesund ernähren möchte, entscheidet sich oft, auf Fleisch oder Milchprodukte zu verzichten. Wenn es dann hektisch wird, scheinen entsprechende Fertiggerichte verlockend. Was halten Sie von diesen Produkten?  

Ich würde grundsätzlich davon abraten. Auch diese enthalten jede Menge Zusätze und Geschmacksverstärker, zu viel Salz und Zucker und die falschen Fette, meistens billiges Sonnenblumenöl. Natürlich, wenn es einmal schnell gehen soll, ist es okay. Aber es sollte nicht die Regel sein. Es wäre besser, vermehrt selbst zu kochen und Fertiggerichte im Allgemeinen zu meiden. Damit tut man dem Körper nichts Gutes, sondern nur der Industrie. 

Sie haben sich mit 52 Jahren noch einmal getraut, etwas Neues zu beginnen. Was würden Sie anderen Frauen raten, die innovative Ideen haben oder sich selbständig machen möchten?
Es auf jeden Fall zu tun. Wenn man den Impuls spürt, etwas verändern zu wollen, dann sollte man dem Gefühl auch folgen, es einfach probieren. Auch ich traue mich im nächsten Jahr erneut, einen nächsten Schritt zu wagen: In meinem Gasthaus wird dann nur noch pflanzlich vollwertige Kost angeboten, es wird ausschließlich Kurse, vegane Wochenenden, Einzeltrainings und meine Produktlinie geben. Das gesunde Frühstück findet ab 2024 außerdem zweimal im Monat, jeden ersten und dritten Samstag statt. 

Rezept: Buchweizen-Pancakes (für 2 Portionen)

ZUTATEN BUCHWEIZEN PANCAKES

  • 300 g Buchweizen, gemahlen
  • 2 TL Backpulver
  • 1 TL Salz
  • 380 ml Pflanzendrink (am besten Reis- oder Mandelmilch)
  • 50 ml Sodawasser
  • Zubereitung: Alle Zutaten miteinander vermengen, den Teig dann 20 Minuten ruhen lassen. Danach in einer Pfanne mit Raps- oder Kokosöl herausbacken, zwischendurch abdecken, dann umdrehen und die Pancakes, die mit gesunden Toppings verziert werden können, sind fertig. 

    Foto: Victoria Preining

    Mehr Informationen

    Gasthaus Reingruber

    Marktplatz 16

    4202 Hellmonsödt

    ernaehrungstrainerin-reingruber.at



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