Die Entfernung der Gebärmutter zählt zu den häufigsten gynäkologischen Operationen. Über mögliche körperliche und psychische Folgen wird jedoch wenig gesprochen. Für Katharina Zimmermann war der Weg nach der Hysterektomie beschwerlich. Ein Erfahrungsbericht.
Die Notwendigkeit einer Operation stand für Katharina Zimmermann außer Frage. Zum Zeitpunkt des Gesprächs ist es noch kein Jahr her, dass sich die damals 48-jährige Steirerin sogar zwei großen Eingriffen unterziehen musste: Erst wurden die Eileiter und beide Eierstöcke, dann die Gebärmutter entfernt. „Ich zähle zu einer Risikogruppe, weil meine Mama an Eierstockkrebs verstorben ist und meine Oma Brustkrebs und später Gebärmutterhalskrebs hatte“, erzählt sie.
Zur genetischen Veranlagung kamen starke Verwachsungen in beiden Eierstöcken und ein Polyp in der Gebärmutter, die die Eingriffe notwendig machten. Die medizinische Versorgung sei zwar sehr gut gewesen, doch gerade in der ersten Zeit nach der Operation fühlte sie sich völlig alleingelassen. „Ich habe unterschätzt, wie sehr das sensible Gefüge im Körper auf allen Ebenen durcheinandergerät“, erzählt sie. „Ich fühlte mich wie ausgehöhlt, wie ein Monster mit einem Loch im Bauch.“
„Ich fühlte mich wie ausgehöhlt.“
Meistens sind es gutartige Erkrankungen, die eine Gebärmutterentfernung, in der Fachsprache Hysterektomie genannt, nach sich ziehen: Dazu zählen
- hormonempfindliche Knoten (Myome),
- eine starke oder schmerzhafte Regelblutung,
- eine Endometriose,
- die Senkung der Gebärmutter oder der Scheide.
Wann eine Gebärmutterentfernung unvermeidbar ist
Für diese Erkrankungen gebe es allerdings alternative Behandlungsmöglichkeiten, gibt Marlene Schader, Gesundheits- und Pflegewissenschaftlerin und Beraterin im Grazer Frauengesundheitszentrum, zu bedenken. „Frauen werden immer noch viel zu wenig über verschiedene Optionen informiert, obwohl sie sich meistens eine organerhaltende Behandlung wünschen.“ In bestimmten Fällen ist eine Operation unvermeidbar, etwa bei starken, lebensbedrohlichen Blutungen sowie bei Gebärmutterkrebs oder Eierstockkrebs. Wie jede Operation birgt die Gebärmutterentfernung Risiken wie eine Verletzung von Organen, Gefäßen oder Nerven, Infektionen oder Wundheilungsstörungen – etwa fünf von 100 Frauen sind davon betroffen.
Gebärmutter entfernen: Was passiert danach?
„Wenn eine Frau vor der Entscheidung steht, sich operieren zu lassen, empfehlen wir immer, sich eine zweite Meinung einzuholen und sich genügend Bedenkzeit zu nehmen“, sagt Schader. „Die Entfernung der Gebärmutter kann die Beschwerden lindern und die Lebensqualität verbessern, häufig aber auch das weitere Leben verändern und verschiedene Probleme mit sich bringen.“
Der Leidensdruck nach einer Operation sei besonders groß, wenn Frauen „die Entscheidung nicht aktiv mitgetragen haben beziehungsweise zu einer Operation gedrängt wurden“, weiß die Expertin. „Zeit, Unterstützung, Information und sich vorbereiten, all das ist zentral für die Heilung und Verarbeitung.“
„Nicht irgendein Organ“
Die Gebärmutter ist für Frauen nicht irgendein Organ. „Erfahrungen aus der Beratung zeigen, dass viele eine Beziehung zu ihrer Gebärmutter haben“,erzählt Schader. „Körperlich steht sie im Zentrum des Beckenbodens. Sie zu verlieren kann mit Gefühlen wie Trauer und Schmerz verbunden sein.“ Selbst Frauen, die längst mit dem Kinderkriegen abgeschlossen haben, trennen sich mitunter schwer. „Viele Frauen berichten von dem Gefühl, ein Stück ihrer Mitte verloren zu haben.“ Durch Erfahrungen wie Regelblutung, Sexualität, Schwangerschaft und Geburt, Wechseljahre oder Krankheitserfahrungen sei dieses Organ mit der eigenen Lebensgeschichte verbunden.
Dennoch werden Frauen in der Medizin mitunter auf Fortpflanzung und Gebären reduziert: „Was hast du denn? Du brauchst das Ding doch nicht mehr!“ Solche Sätze bekam auch Katharina Zimmermann aus ihrem Umfeld zu hören – dieses Unverständnis habe ihre Verzweiflung vergrößert, erzählt sie. „Ich brauchte Zeit, um mich von dem Organ zu verabschieden, mit dem ich ein Kind ausgetragen und geboren habe.“
„Es ist alles wie tot.“
Abrupte Veränderungen
Nach dem Eingriff können Frauen im gebärfähigen Alter keine Kinder mehr bekommen, die Monatsblutung bleibt aus. Auf die Sexualität kann sich die Operation unterschiedlich auswirken: Hat eine Frau zuvor unter starken Schmerzen gelitten, könnte sich das Sexualleben verbessern, bei manchen Frauen lässt hingegen das sexuelle Empfinden nach. Auch Zimmermann ist betroffen: „Es ist alles wie tot“, erklärt sie. Müssen wie in ihrem Fall auch die Eierstöcke und damit die wichtigsten Östrogenproduzenten entfernt werden, setzt unmittelbar der Wechsel ein. Quasi von heute auf morgen kommt es zu den typischen Beschwerden wie Stimmungsschwankungen, Schweißausbrüchen und Schlafproblemen.
Umso wichtiger ist es, in der Zeit nach der Operation selbstfürsorglich zu sein und die Möglichkeiten der Nachsorge auszuschöpfen. „Dazu zählen unter anderem viel Ruhe und unterschiedliche Bewegungs- und Entspannungstechniken“, erklärt Schader. „Diese können helfen, das körperliche Selbstvertrauen wiederherzustellen.“ Manche Frauen wenden sich an eine Beratungsstelle oder nehmen psychotherapeutischen Beistand in Anspruch. „Grundsätzlich ist es wichtig, sich ausreichend Zeit und Unterstützung für die Heilung der körperlichen und seelischen Wunden zu nehmen“, betont die Gesundheitswissenschaftlerin.
Hysterektomie: Zurück in den Alltag finden
Katharina Zimmermann fand schließlich im Grazer Frauengesundheitszentrum Unterstützung und arbeitet seit einigen Wochen ihre Erfahrung mit den physischen Veränderungen und deren vielschichtigen Folgen in einer Psychotherapie auf. Langsam hat sie das Gefühl, in die Normalität zurückzufinden, und plant inzwischen, im Raum Graz eine Selbsthilfegruppe zu gründen: „Ich möchte mich mit anderen betroffenen Frauen austauschen.“
Der Artikel ist in der Ausgabe April 2020 erschienen. Das Einzelheft können Sie hier nachbestellen.