Jährlich veröffentlicht die Hilfsorganisation CARE eine Liste der zehn humanitären Krisen, die im Vorjahr kaum Beachtung fanden.
362.000 Onlineartikel erschienen vergangenes Jahr zu dem Interview, das der britische Prinz Harry und seine Gattin Meghan der Starmoderatorin Ophra Winfrey gaben. 240.000 mal wurde online über die Weltallflüge von Jeff Bezos und Elon Musk berichtet. Über die humanitäre Krise in Sambia, die für mehr als 1,2 Millionen Menschen Hunger bedeutet, finden sich nur 512 Berichte. Die Abenteuer der beiden Milliardäre wurden fast 500 mal so häufig thematisiert wie das südafrikanische Land und seine Hungerkrise.
Die vergessenen Krisen
Doch die Krise in Sambia ist nur eine von vielen, die es im Jahr 2021 nicht ins Licht der Öffentlichkeit schafften. Das zeigt der von der Hilfsorganisation CARE Österreich präsentierte Bericht „Suffering in Silence“ – Leiden im Stillen –, der aufzeigt, welche zehn humanitären Krisen im vergangenen Jahr am wenigsten mediale Aufmerksamkeit erhielten.
Mehr als 1,8 Millionen Online-Artikel in den Sprachen Arabisch, Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 2021 wurden analysiert. Aus einer Liste von 41 humanitären Krisen wurden zehn Krisen ermittelt, die die geringste mediale Aufmerksamkeit erhielten – neben jener in Sambia auf Platz eins etwa liegt die humanitäre Krise in der Ukraine auf Platz zwei.
„Viele dieser Krisen sind langwierig. Man könnte sie auch chronische Krisen nennen.“
„Viele dieser Krisen sind langwierig. Man könnte sie auch chronische Krisen nennen“, sagt Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin von CARE Österreich. Die meisten würden durch die Klimakrise und Covid-19 verschärft, durch die Coronapandemie häufig aber auch aus der öffentlichen Aufmerksamkeit verdrängt. Mit mangelnder Bekanntheit geht jedoch oft auch eine geringere finanzielle Unterstützung einher.
„Die Lage ist besonders für Frauen und Mädchen prekär!“
Frauen leiden besonders unter Krisen
„Die Lage ist besonders für Frauen und Mädchen prekär“, so Barschdorf-Hager. So sei etwa in Sambia die Ungleichheit der Geschlechter eins der Hauptprobleme des Landes. Armut und Ernährungsunsicherheit gehen vor allem zu Lasten von Frauen. Und das, obwohl die Lebensmittelproduktion in dem Land im Süden Afrikas zu 60 Prozent von ihnen bestritten wird. Beim Zugang zu Nahrung kommen sie jedoch oft zu kurz. „Wenn man wirklich helfen will, muss man die besonderen Bedürfnisse von Frauen, Kindern und auch älteren Menschen beachten“, so Barschdorf-Hager, die darin auch einen wichtigen Ansatzpunkt für Hilfsorganisationen sieht.
Zehn humanitäre Krisen, die 2021 keine Schlagzeilen machten:
1. Sambia – 1,2 Millionen Menschen haben nicht genug zu essen
2. Ukraine – 3,4 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe
3. Malawi – 17 % der Bevölkerung sind stark unterernährt
4. Zentralafrikanische Republik – 2,8 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe
5. Guatemala – 2/3 der Bevölkerung leben von weniger als 2 US-Dollar pro Tag
6. Kolumbien – 4,9 Millionen Menschen leben unter der Kontrolle bewaffneter Gruppen
7. Burundi – 2,3 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe
8. Niger – 1,8 Millionen Kinder benötigen Nahrungsmittelhilfe
9. Simbabwe – 5,7 Millionen Menschen fehlt es an genügend Nahrung
10. Honduras – 2,8 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe