In Spanien sollen sich Frauen künftig von der Arbeit freistellen lassen können, wenn sie unter starken Regelschmerzen leiden. Damit wäre das Land in Europa Vorreiter. ExpertInnen sind in ihrer Meinung über das Gesetz jedoch gespalten.
Es ist ein Gesetzesentwurf, der Spanien zum ersten Land Europas machen könnte, das Frauen Rechte bei Menstruationsbeschwerden einräumt. Vergangene Woche wurde das Konzept offiziell der Regierung vorgestellt und vom Kabinett gebilligt. Der Entwurf beinhaltet die Reform des Abtreibungsgesetzes, sieht neben einem bezahlten Urlaub im letzten Monat der Schwangerschaft und einer Senkung der Steuer auf Hygieneartikel erstmals auch zusätzlich die Möglichkeit von bezahlten Urlaubstagen bei Menstruationsbeschwerden vor. Frauen dürften demnach bei gravierenden Schmerzen drei Tage im Monat von der Arbeit fernbleiben. Es muss sich jedoch um gravierende Symptome handeln wie Fieber, Durchfall, Erbrechen, starke Kopf- und Unterleibsschmerzen, die von einem Arzt bescheinigt wurden. In Ausnahmefällen können die drei auch auf fünf Tage ausgeweitet werden.
Mit Schmerzen zur Arbeit
Eine solche Regelung wäre für viele Frauen eine Erleichterung im Alltag. Denn neben Menstruationsbeschwerden, leiden viele Frauen zusätzlich an Endometriose, die mit heftigen Schmerzen verbunden ist. Andere Betroffene plagen bereits vor ihrer Periode Regelschmerzen, und trotzdem quälen sie sich zur Arbeit. Wieder andere leiden unter depressiven Verstimmungen vor und während ihrer Menstruation. Der „Periodenurlaub“ hätte auch den Vorteil für Betroffene, dass sie offen über ihre Beschwerden reden können und sich für ihr Fehlen bei der Arbeit keine Ausrede einfallen lassen müssen. Denn die Menstruation ist noch immer ein Tabu-Thema. Wie mit den freien Tagen arbeitsrechtlich umgegangen werden soll, ist noch nicht klar. Bereits jetzt ist das Gesetz, das noch nicht endgültig verabschiedet ist, in der Gesellschaft und auch unter ExpertInnen umstritten.
Werden Frauen dadurch am Arbeitsmarkt diskriminiert?
Frauen würden weiter stigmatisiert, meinen die einen. Das Wirtschaftsministerium sieht die Gefahr, dass Frauen sich unter Vorwand der Menstruationsschmerzen unkompliziert zusätzliche Urlaubstage einräumen. Für Arbeitsministerin Yolanda Diaz von Unidas Podemos, der Juniorpartnerin in der Koalition, ist das nicht nachzuvollziehen. Sie sieht die Situation genau umgekehrt. Stigmatisierung sei es, nicht zu verstehen, dass Frauen und Männer unterschiedlich sind. Die SozialistInnen mahnen, dass ein Ausgleich zwischen gesundheitlichen Bedürfnissen und den Chancen auf dem Arbeitsmarkt gefunden werden müsse. Denn wird es in Zukunft so sein, dass Frauen weniger Chancen auf einen Job haben, weil ihnen mehr Urlaubstage zur Verfügung stehen, oder dass deshalb weniger verdienen als Männer? Arbeitgeberverbände wollen sich dazu noch nicht äußeren. Eines scheint jedoch schon klar: Die Sozialversicherung soll den Arbeitsausfall bezahlen. Die Gleichstellungsministerin hält das Gesetz für notwendig, denn – so sagt sie – bis zu einem Viertel aller spanischen Frauen hätten so starke Schmerzen, dass sie eine Freistellung beantragen könnten. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wiederum ist etwa jede zehnte Frau betroffen. Ähnliche Modelle eines Menstruationsurlaubes gibt es bereits in vielen asiatischen Ländern. So haben zum Beispiel in Japan Menstruierende pro Monat einen bezahlten Urlaubstag, den sie während ihrer Periode nutzen können. In Indonesien gewährt man sogar zwei bezahlte Urlaubstage. Wie es für Spanien ausgehen könnte und ob dann andere europäische Länder nachziehen, bleibt abzuwarten. Vielleicht heißt es aber bald nicht nur in Spanien, sondern auch eines Tages hierzulande: Heute habe ich menstruationsfrei.