Warum wir Männer in die Pflicht nehmen müssen, um Frauenmorde zu bekämpfen.
Es passiert zu Hause, hinter Mauern, die eigentlich eine sichere Innenwelt vor den Gefahren der Außenwelt bedeuten sollten. Es geschieht durch Menschen, die einem am nächsten stehen: Ehemänner, Lebenspartner. 31-mal wurde in Österreich im vergangenen Jahr 2021 eine Frau von einem Mann getötet.
In Deutschland stirbt jeden dritten Tag eine Frau durch die Hand eines männlichen Täters. In fast allen Fällen handelt es sich um einen vertrauten Menschen. Einen Nahestehenden.
Beziehungsdrama? Es heißt Mord.
Journalistisch werden für solche Taten oft verharmlosende Umschreibungen verwendet, indem von „Beziehungstat“, „Verbrechen aus Leidenschaft“ oder „Familiendrama“ die Rede ist. Dabei ist die Sachlage klar: Österreich liegt in der Statistik der Frauenmorde in Europa an trauriger Spitze. Eine Position, die nicht erst seit dem 31. Mord an einer Frau 2021 eine Handlungsforderung an die Politik stellt.
Frauenmorde: Wo bleibt der Aufschrei der Männer?
Frauenorganisationen machen jährlich unermüdlich auf diese Sachlage aufmerksam. Frauen beleuchten öffentliche Gebäude orangefarben, nehmen Plaketten in die Hand, geben öffentliche Stellungnahmen ab und kampagnisieren gegen die Gewalt an ihrem Geschlecht. Jenem, das in politischen Funktionen noch immer unterrepräsentiert ist, jenem, das betroffen ist. Eines fällt dabei ob der Stärke vieler Initiativen kaum auf: die Männer. Sie bleiben bei all diesen publikumswirksamen Aktionen meist noch unsichtbar. Sie klinken sich erst ein, wenn der mittler weile immer häufiger verwendete Begriff „Femizid“ auftaucht. Stellen ihn infrage, titulieren ihn als unzutreffend.
Dabei gibt er der Bezeichnung Frauenmord endlich ein weiteres Synonym, das für die journalistische Arbeit so wichtig ist, um die Öffentlichkeit über diese Taten ohne Verharmlosung informieren zu können.
Die Männer in die Pflicht nehmen
Es kommt im Kampf gegen Frauenmorde nicht nur auf die Frauen selbst oder Begrifflichkeiten an, sondern noch dringender auch auf die Männer. Jene, die wachsam sind, sich für Frauen einsetzen, ihren Söhnen beibringen, eine Frau zu respektieren, und es ihnen vorleben. Männer, die politisch und gesellschaftlich an der Macht sind und als Entscheidungsträger und Multiplikatoren jeden Tag Zeichen setzen und Weichen stellen können. Fangen wir bildend bei den kleinsten Männern, den Buben, an, damit aus ihnen verantwortungsvolle Männer werden. Männer, die keine Gewalt anwenden.
Chefredakteurin Sabine Kronberger vermisst im öffentlichen Diskurs rund um Femizide die Stimmen und Maßnahmen der männlichen Entscheidungsträger. Sie wären längst an der Reihe.
- In bedrohlichen Situationen Hilfe rufen: Polizeinotruf: 133 oder 112 I SMS Polizei: 0800 / 133 133 (auch Notruf für Gehörlose) I Frauenhelpline: 0800 / 222 555
- sich per E-Mail an den Frauennotruf wenden: frauennotruf@wien.at-sich bei den MitarbeiterInnen des 24-Stunden Frauennotrufs informieren und beraten lassen
- Rat auf Draht: 147 (Beratung für Kinder und Jugendliche, jederzeit – kostenlos –rund um die Uhr) www.rataufdraht.at
- Notruf des Weißen Rings: 0800 / 112 112 (kostenlos, 24h, anonym)
- Onlineberatung für Frauen und Mädchen aus ganz Österreich rundum die Uhr – schnell, anonym und kostenlos. Erste Orientierung in schwierigen Situationen vor allem für jene, denen es leichter fällt, ihreGedanken niederzuschreiben als auszusprechen. www.frauenberatenfrauen.at
- Männerberatung: 0720 / 70 44 00 (österreichweit zum Ortstarif) www.maennerinfo.at
Die Kolumne ist in der „Welt der Frauen“-Ausgabe Jänner/Februar 2022 erschienen. Hier können Sie sich das Einzelheft nachbestellen!