Österreich, das Land der Femizide?

Österreich, das Land der Femizide?
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  • Veröffentlicht: 26.02.2024
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Vier Frauen und ein Mädchen sind letzten Freitag gewaltsam in der Landeshauptstadt ermordet worden, am Montagmorgen soll ein Mann seine Ehefrau in Niederösterreich getötet haben.

Aktuelle Gewaltverbrechen an Frauen

Am Freitag, dem 23. Februar 2024, sind in Wien ein Mädchen und vier Frauen getötet worden: eine 13-Jährige und ihre 51-jährige Mutter – hier gilt laut APA der weiterhin abgängige Vater als Hauptverdächtiger – sowie drei Frauen, die in einem Bordell gearbeitet haben sollen, ein Tatverdächtiger wurde von der Polizei gefasst. Laut einer Presseaussendung der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser (AÖF) wurden damit in Wien innerhalb von 24 Stunden so viele Frauen von Männern getötet wie im gesamten Jahr 2023. Im letzten Jahr wurden in ganz Österreich 26 Femizide verübt. Hinzukommt ein Verbrechen in Niederösterreich vom Montagmorgen, bei dem ein Mann seine Ehefrau im Bezirk Lilienfeld mit einer Schusswaffe ermordet haben soll.

„Femizide gehören zur geschlechterbezogenen Gewalt und sind damit Hassverbrechen.“

Jede 3. Frau erlebt körperliche und/oder sexuelle Gewalt

Femizide gehören zur geschlechterbezogenen Gewalt und sind damit Hassverbrechen. Laut der AÖF ist Österreich das einzige EU-Land, in dem mehr weibliche als männliche Personen durch Männer getötet werden. Eine in den Jahren 2020 bis 2021 von der Statistik Austria durchgeführte Studie zum Thema zeigt, dass eine hohe Zahl an Frauen von Gewalt betroffen ist: Jede Dritte hat im Alter zwischen 18 und 74 Jahren körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt. 513.934 Frauen waren in Österreich bereits Gewalt in intimen Beziehungen und 863.505 außerhalb dieser ausgesetzt. Zahlen, die eine dringliche Frage aufwerfen: Was kann unternommen werden, um Frauenleben sicherer zu gestalten? 

„Kann es eine gleichberechtigte, gewaltfreie Zukunft für Frauen geben, wenn Frauen noch immer aufgrund ihres Geschlechts oder einer Abweichung von patriarchalen Rollenvorstellungen getötet werden?“

Eine sichere Zukunft für Frauen?

„Wir fordern eine weitere Stärkung des Opferschutzes für gewaltbetroffene Frauen. Jede Frau in Österreich hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. Die Opfer müssen noch stärker geschützt und die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden“, lautet ein Appell der AÖF. Auch vonseiten der Politik wird ein gesellschaftlicher Wandel gefordert: damit veraltete Rollenbilder aufgebrochen würden, so NEOS Wien Klubobfrau Bettina Emmerling in einer Aussendung. SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner plädierte für eine Krisensitzung und dafür, an einem „Nationalen Aktionsplan Gewaltschutz“ zu arbeiten. 

EU-weit werde an der „Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025“ gearbeitet. Kann es eine gleichberechtigte, gewaltfreie Zukunft für Frauen geben, wenn Frauen noch immer aufgrund ihres Geschlechts oder einer Abweichung von patriarchalen Rollenvorstellungen getötet werden? Wieviel können neue politische Maßnahmen bewirken, wenn sich unsere Gesellschaft nicht mitändert?

„Nicht alle Männer sind Täter – was im Umkehrschluss allerdings nicht heißt, dass nicht alle Frauen zu einem Opfer von Gewalt werden können.“

Nicht alle Männer?

Eine Diskussion, die unweigerlich mit der Berichterstattung über Femizide einhergeht, ist jene der Rechenschaftspflicht aller männlichen Personen. Nicht alle Männer sind Täter – was im Umkehrschluss allerdings nicht heißt, dass nicht alle Frauen zu einem Opfer von Gewalt werden können. Denn selbst, wenn sich eine Frau in einer aktuell nicht bedrohlichen Situation befindet, lernt sie von klein auf, dass sich dies jederzeit ändern kann. Unter Familienmitgliedern, FreundInnen und Bekannten ausgetauschte Sätze wie „Ruf mich an, wenn du daheim bist!“, „Nimmst du dir hoffentlich nachts ein Taxi?“ oder „Triff dich für das Date bitte an einem öffentlichen Ort mit ihm!“ sind Ausdruck dieser permanenten Unsicherheit. 

Ursache dieses erlebten Gewaltpotenzials: Männer und deren Ansichten über Frauen sowie deren Rolle in der Gesellschaft. „Aussagen wie ‚nicht alle Männer‘ verschieben den Fokus und Diskurs“, schreibt Buchautorin und Aktivistin Madeleine Darya Alizadeh in ihrem Instagram-Posting zum Thema und bezieht sich darauf, dass persönliches Empfinden von Männern damit höher gewichtet würde als die Gefahr für Frauen. Mit der Unterteilung in „Täter“ und „alle anderen Männer“ würde man außerdem das strukturelle Problem der Gesellschaft außer Acht lassen.

„Denn Frauensicherheit liegt – nicht ausschließlich, aber eben auch – in Männerhand. “

Selbst, wenn nicht alle Männer offen gewalttätiges Verhalten zeigen, ist das männliche Kollektiv dennoch zuständig für die Bewusstseinsbildung und die Strukturen, die Frauen einschränken. Die uns tagtäglich im Kleinen wie im Großen begegnen, sei es bei derben Anmachsprüchen während eines Spaziergangs, übergriffigem sexuellem Verhalten oder – wie nun in Wien und Niederösterreich – durch Femizide. Selbst wenn ein Mann „keiner von denen ist“, kann er dennoch einen Beitrag für oder gegen die Sicherheit von Frauen leisten – davon abhängig, wie er mit Frauen in seinem Umfeld umgeht, mit anderen Männern über weibliche Personen spricht und wie und ob er sich für diese einsetzt. Denn Frauensicherheit liegt – nicht ausschließlich, aber eben auch – in Männerhand. 

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