Wenn Kinder sich fürchten, sind Eltern oft überfordert. Wie können sie mit der Angst ihres Nachwuchses umgehen und ab wann ist professionelle Hilfe ratsam? Kinderpsychologin Simone Fröch klärt auf.
Frau Fröch, wenn Kinder Angst haben, hören sie meist folgenden Satz von ihren Eltern: „Du brauchst keine Angst haben.“ Warum ist Kindern damit nicht geholfen?
Kinder empfinden ihre Angst ja, es bringt also nichts, ihnen zu sagen, dass es keinen Grund für ihr Gefühl gibt. Das hilft ihnen nicht weiter, weil sie nicht lernen, wie sie nun mit ihrer Emotion umgehen können. Zunächst einmal möchte ich betonen, dass Angst ein normales Gefühl ist und zur kindlichen Entwicklung dazugehört. Eltern sollten aber früh genug auf die Sorgen ihrer Kinder reagieren, um gegensteuern zu können. Es geht aber nicht nur darum, was wir einem ängstlichen Kind sagen, sondern auch darum – und das ist ganz wichtig –, wie wir es ihm sagen. Eine sichere und beruhigende Ausstrahlung der Eltern ist für Kinder in allen Altersstufen wichtig.
„Kinder orientieren sich bei der emotionalen Bewertung einer Situation viel an den Erwachsenen.“
Warum ist es so wichtig, dass Eltern bald reagieren, und was können sie konkret tun?
Wenn die Angst nicht unter Kontrolle gebracht werden kann, kann sie sich selbst verstärken, krankhafte Ausmaße annehmen und so zur anhaltenden Belastung für das Kind werden. Deshalb ist es so wichtig, frühzeitig einzugreifen und Kindern beizubringen, wie sie ihre Emotion regulieren können. Furcht macht ja etwas mit dem Körper, der Atem wird schneller, es tauchen Gedanken auf, Erinnerungen, Horrorszenarien und Bilder, die die Angst noch steigern. Kinder neigen wie die meisten Erwachsenen auch zum Katastrophen-Denken. Sie sehen nicht das, was ist, sondern das, was im schlimmsten Fall passieren könnte, und steigern sich immer weiter in ihre Angst hinein. Diese Gedanken- und Angstspirale gilt es zu durchbrechen. Ablenkung kann helfen, aber auch Atemübungen, die das Kind anwenden kann, um sich zu beruhigen. Hat sich die Angst zu Panik gesteigert, hilft meist nichts mehr. Eltern können ihre Kinder fragen, was im schlimmsten Fall passieren kann, also sich das Worst-Case-Szenario ausmalen und gemeinsam über legen, wie man darauf reagieren könnte. Gleichzeitig sollten die Kinder ermutigt werden, sich das Beste vorzustellen, das passieren kann. Eltern sollten sich aber auch mit ihren eigenen Ängsten und ihrem Umgang damit auseinandersetzen. Kinder orientieren sich bei der emotionalen Bewertung einer Situation viel an den Erwachsenen. Deshalb brauchen Eltern ein gesundes Grundvertrauen in sich, damit sie Sicherheit ausstrahlen können.
Sollten Eltern ihre Kinder Angst auslösenden Situationen aussetzen, damit sie sie lösen, oder sie davor schützen? Und wann braucht es professionelle Hilfe?
Zwei Extreme sind schlecht: das Kind vor allem beschützen zu wollen oder es mit Härte in alle Situationen zu schicken. Statt Vermeidung sollten Lösungswege gesucht werden. Wie kann das Kind Mut und Vertrauen bekommen und gestärkt werden, damit die Angst vergeht? Kinder brauchen wirklich einen konkreten Plan, wie sie sich in Situationen verhalten können. Wenn die Angst des Kindes nicht vergeht, sondern sich noch steigert, können Eltern sich an ExpertInnen wenden.