Wie eine junge Finnin die Wohnungen jener Menschen putzt, die selbst nicht dazu in der Lage sind. Und damit einen ganz besonderen Akt der Pflege leistet.
Auf Instagram folgen ihrem Profil @aurikathariina 3,5 Millionen Menschen – und schauen ihr dabei zu, wie sie Wohnungen, die voller Müll und Dreck sind, blitzeblank sauber macht. Dabei hat die Finnin Auri Kananen (30) immer ein Lächeln im Gesicht und eine liebevolle Message über die BewohnerInnen der Räumlichkeiten, die sie wieder zum Leben erweckt.
„CleanfluencerInnen“ – ein Kunstwort aus „clean“ (sauber) und „influencer“ – erobern Social Media. Auf viele übt es eine besondere Faszination aus, anderen bei einer alltäglichen Tätigkeit wie Putzen zuzusehen. Kananens Arbeit geht jedoch darüber hinaus. Es geht ihr um mehr, als scheinbar hoffnungslos verschmutzte Wohnungen wieder auf Hochglanz zu bringen oder Putztipps zu geben – sie zeigt, dass sich hinter denjenigen, denen sie hilft, häufig psychisch oder physisch kranke Menschen verbergen, die nicht mehr für sich selbst sorgen können.
Diese „Selfcare“, zu der auch die Pflege der eigenen vier Wände gehört, ist ihnen häufig schlicht nicht mehr möglich. Und da tritt Kananen auf den Plan: Die „Queen of Cleaning“, die Putzkönigin, wird von Betroffenen oder Angehörigen via Social Media angeschrieben. Eine Wohnung pro Woche reinigt die in Tampere (Finnland) lebende Frau kostenlos.
Woher kommt Ihre Leidenschaft fürs Putzen?
Meine Mutter gründete eine Reinigungsfirma, als ich noch sehr klein war. Irgendwie war das Putzen also immer schon Teil meines Lebens. Als junges Mädchen habe ich schon die Zimmer meiner Freunde geputzt und aufgeräumt – obwohl mein eigenes immer eher unordentlich war. So kam es, dass aus diesem Hobby mein Beruf wurde. Inzwischen arbeite ich als Managerin in einer Reinigungsfirma mit 30 Angestellten. Ich bringe Menschen auch Reinigungstechniken bei. Weil ich es immer schon gerne gemacht habe, bin ich inzwischen auch extrem gut darin! Und letztlich macht doch jeder Mensch das am liebsten, worin er gut ist!
Sie putzen für Menschen, die es selbst nicht können. Warum sind sie nicht dazu in der Lage?
Viele kämpfen mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen, haben ein Trauma durchlebt, etwa den Verlust eines Partners oder Kindes, oder haben Missbrauchs- oder Gewalterfahrungen machen müssen. In die Bewältigung dieser Traumata fließt all ihre Energie. Und das macht es ihnen unmöglich, ihr Umfeld oder sich selbst zu pflegen. Manche Menschen fühlen sich dadurch wertlos. Ein Gefühl, das sich häufig in ihren Wohnräumen widerspiegelt.
Wie geht es Ihnen, wenn Sie ein schmutziges, vermülltes Zuhause betreten?
Ich bekomme viele Bilder von schmutzigen Wohnungen und entscheide mich für jenes, das mich besonders anspricht. Wenn ich dann dort ankomme, sehe ich sofort, was ich putzen kann, ich erkenne den Dreck und Schmutz, aber ich freue mich schon auf die schöne, saubere Überraschung, die ich darunter finden werde. Wenn ich mit meiner Arbeit fertig bin, fühle ich mich zufrieden und verlasse das Zuhause wieder. Meine Arbeit ist getan und es ist mir eigentlich nicht wichtig, was der Bewohner mit der sauberen Wohnung machen wird. Natürlich wünsche ich Ihnen das Beste, aber mehr kann ich in diesem Moment nicht machen – auf mich wartet schon das nächste Projekt.
Fühlen Sie sich in besonderer Weise mit den BewohnerInnen der Wohnungen verbunden?
Ich kann auf jeden Fall das Gefühl gut nachvollziehen, nicht für sich selbst sorgen zu können. Ich selbst habe in meiner Jugend mit psychischen Problemen gekämpft. Aber ich weiß auch, dass man diese Probleme überwinden kann – und ich will dabei helfen, den ersten Schritt auf dem Weg der Besserung zu gehen. Ich fühle mit den Menschen, habe Mitleid, aber zugleich vertraue ich darauf, dass sie es schaffen können, ihr Leben zu ändern.
Wie fühlt es sich an, jemandem die Pflege zukommen lassen zu können, die er/sie sich im Moment selbst nicht geben kann?
Es ist wunderschön, die Erleichterung in den Gesichtern der Menschen zu sehen, wenn ihnen klar wird, dass es tatsächlich möglich ist, ihr Leben und ihr Zuhause wieder in den Griff zu bekommen. Dazu kommt, dass viele dieser Menschen ganz allein sind und niemanden haben, der sich um sie kümmert. Vielleicht können sie auf diesem Weg ein Stück weit das Gefühl zurückbekommen, dass sie wertvoll sind. Das hat vielen zuvor gefehlt. Für mich selbst ist es jedenfalls eine Win-win-Situation. Ich liebe Putzen und kann gleichzeitig anderen helfen.
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