Die Blätter leuchten ein letztes Mal auf, die Sonnenstunden werden rar: Der Herbst ist die Zeit des Abschieds. Fünf Dinge, die wir in dieser Jahreszeit loslassen dürfen
Irgendwann lässt es sich nicht mehr leugnen: Die warmen Temperaturen sind nun entgültig vorbei, der Wind wird kühler, die Sonne verliert an Kraft. Da manche Menschen sich nur schwer von der heißesten Jahreszeit und der damit verbundenen Leichtigkeit lösen können, wird der Herbst häufig gescheut wie unterschätzt: Er gilt als Tor zur winterlichen Trägheit, die letzte Instanz vor den kalten, dunklen Tagen. Dass dieser Vergänglichkeit ebenso das Potential der Freiheit innewohnt, vergessen wir dabei oftmals.
Abschiede, die Raum für Neues bieten
Die im Duden angeführten Bedeutungen für das Verb „abscheiden“ sind durchgängig negativ konnotiert: sich von jemandem absondern, abtrennen, ausscheiden, sterben. Wenn wir durch Allerheiligen oder das trübe Herbstwetter an den Tod erinnert werden, lässt sich dem Thema Abschied kaum etwas Gutes abgewinnen. Dann dürfen und sollen wir vermissen, verarbeiten und den Alltag neu sortieren.
Darüber hinaus gibt es allerdings auch die Abschiede, die guttun oder zumindest notwendig sind, um voranzukommen. Platz für Neues schaffen – genau wie die fallenden Blätter allmählich der Vorfreude auf Weihnachten Raum geben. Der Herbst wird inspirierender Abschiedshelfer.
Fünf Dinge, von denen wir uns im Herbst verabschieden und von deren Abwesenheit wir uns nähren dürfen
- Antrieb des Sommers: Anstatt möglichst viele Sommerabende draußen zu verbringen und das gute Wetter „auszunützen“, dürfen wir uns im Herbst zurückziehen. Beim Reflektieren, Einigeln und Entspannen können wir unsere Energiereserven wieder aufladen.
- Toxische Körperideale: Der Sommer leitet den Fokus alljährlich auf die nun weniger bekleideten Körper – und wie sie nach gesellschaftlichen Normen auszusehen haben. Obwohl verschiedene Körpertypen auch durch Social Media mehr Aufmerksamkeit erhalten, ist es dennoch oft das eingeprägte Bild von normschönen Körpern, das uns einen kritischen Blick auf die eigene Figur werfen lässt. Dieses Thema wird zwar ganzjährig diskutiert, allerdings lädt die kuschelige Herbstkleidung eher zum Wohlfühlen ein.
- Hetzen durch die jährliche To-do-Liste: Während wir am Jahresanfang die Liste der Dinge, die wir uns für die kommenden Wochen und Monate vorgenommen haben, ausgebreitet vor uns liegen sehen, dürfen wir uns im Herbst auf das bereits Erreichte besinnen. Für die Dinge, die wir noch nicht als „erledigt“ abhaken konnten, bleibt noch bis in den Winter Zeit. Sollten wir doch nicht alles Vorgenommene erreichen, dürfen wir dennoch auf unsere Erfolge zurückblicken.
- Aufmerksamkeit im Außen: Der Frühling lässt die Welt erblühen, Ostern steht an und für den Sommer werden Reisen, Ausflüge oder Beschäftigungen durchgetaktet. In unserem Umfeld passiert viel, das unsere Aufmerksamkeit fordert und von uns selbst weglockt. Im Herbst wird dieser Trubel weniger, alles wird ruhiger – endlich haben wir Zeit dafür, unseren Blick auf uns selbst zu richten.
- Perfektionismus: Wenn die Bäume langsam ihr Laub verlieren und nicht mehr strahlend grün daherkommen, das Wetter nicht nur mehr sonnig und wolkenfrei ist und die Temperaturen schwanken, dürfen auch wir Abstand von unserem eigenen Perfektionismus nehmen. In der Ruhe des letzten Jahresdrittels können wir uns fragen, wann unser Streben nach Perfektion in Ordnung ist und wann es uns einschränkt.