WER KRIMIS LIEST, IST JA SO EINIGES GEWÖHNT. DIESER KRIMI BIETET ABER ETWAS, DAS MAN NICHT SO SCHNELL FINDET: ANALYSE, WACHHEIT UND MARIE JAHODA.
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Zur Erinnerung oder besser gesagt zur Auffrischung: Marie Jahoda ist DIE österreichische Sozialwissenschaftlerin, die über die Arbeitslosen von Marienthal forschte. Und genau sie taucht in einem Text auf dem Laptop der in Dublin verschwundenen Österreicherin Stella auf, die von der in Freilassing aufgewachsenen, in München gearbeitet habenden und nun in Dublin seienden Ermittlerin Patsy Logan gesucht wird. Mehr Dichte und Klugheit geht einfach nicht.
Stella ist also verschwunden. Patsy Logan, die während ihrer Beurlaubung in einer Sinnkrise steckt, und Sam Feuerstein, der Typ, der an der österreichischen Botschaft in Irland arbeitet, heften sich an ihre digitalen und analogen Spuren. Stellas Familie ist irre. Der Vater hat viermal geheiratet, ist dann gestorben: Das bedeutet Patchwork und viel Arroganz und doch ganz tolle, kritische, intellektuelle Kinder. Eines dieser Kinder ist Stella. Sie lebte in Wien, ging dann nach Dublin, arbeitet bei einer Agentur und postet Witziges während der Pandemie. Ihr Bruder Lino lebt in Singapur, hat ein Baby, macht sich Sorgen: Eigentlich alles ganz normal.
Was Sam und Patsy verbindet, sind unter anderem ihr Expertentum in unterschiedlichen Bereichen, ihr Mut und ihr Sinn für Gerechtigkeit. Und schwimmen gehen beide auch sehr gern, der Herr Attaché und die Frau Kriminalhauptkommissarin (KHK), beurlaubte KHK.
„Und so gingen wir schwimmen. Pflügten und paddelten und schaukelten in den Wogen hin und her, kühlten uns bis tief in die Knochen, während mir Sam von einer jungen Frau namens Stella Schatz erzählte, die so wie ich einen Neuanfang in Dublin gesucht hatte und darin verschwunden war. Buchstäblich.“
Welcher Sache Stella auf die Spur gekommen war, bleibt lange im Dunkeln. Dass sie damit vermutlich mit ihrem jungen, aufregenden Leben bezahlt hat, wird immer mehr zur Gewissheit. Logan, die Stellas Handy an sich genommen hat und auf dem Weg zu einem Treffen mit Stella überfallen wird, ist weit weniger von deren Unschuld überzeugt als der Romantiker Sam. Dass Stella auch vor der Realität auf der Flucht war, erkennen die beiden ErmittlerInnen mehr und mehr: Katharina Molin, KitCat, ist ebenfalls hinter Stella her, eine Chat-Gruppe namens „The Squad“ wird ausgeforscht und auch Stellas Wunsch der Selbstjustiz gegenüber einem pädophilen Ex-Kollegen wird deutlich. Mehr kann ich einfach nicht verraten.
Was Sie versäumen, wenn Sie diesen ausgezeichneten Krimi nicht lesen:
Wahnsinn und Verrücktsein, Neuanfänge, Zaudern und Zögern, Zupacken und Handeln, eine Ermittlerin, die auf der Suche nach Stella sich selber findet. Sie versäumen ganz normalen Wahnsinn, Selbstmord des Vaters, Wut auf den Vater und dessen Suizid, Wut auf die Welt und ein sehr großes Verständnis für Menschen mit ebensolcher Welt-Wut.
Ellen Dunne:
ist in Salzburg geboren. Laut ihrer Website – ellen-dunne.com – wuchs sie in den Bergen, aber immer mit der Sehnsucht nach dem Meer auf. Heute lebt sie, deren Interesse an Irland im Alter von 16 erwachte, südlich von Dublin und erschuf hier ihre irisch-deutsche Ermittlerin Patsy Logan. 2023 wurde sie für „Boom Town Blues“ mit dem Glauser-Preis ausgezeichnet.
Ellen Dunne:
Unfollow Stella.
Ein neuer Fall für Patsy Logan.
Haymon 2023.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
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