Wer einen „Kluy“ liest, hat großes Lesevergnügen. Denn der Autor öffnet einem die Augen, stellt sich einem dann beim Durchblicken nicht in den Weg und liefert nur feine Worte und Sätze. Fein im Sinne von geschliffen, genau abgewogen, austariert – fein halt.
Sagen Sie nicht Knirps zu mir!
„Der Schirm war Signum des gehobenen, ja des allerhöchsten Standes und Ausweis prononcierter Bürgerlichkeit; und zugleich letzte Hilfe jener, die sich wie Carl Spitzwegs armer Poet von 1839 nur ein Dachkämmerchen mit lecken Dachsparren leisten konnten und sich beschirmen mussten im klammen Bett mit dünnem Plumeau.“
In fünf Kapiteln spannt der Autor alles Wissenswerte über den Regenschirm auf – Der Regenschirm: Flugwesen oder andere?; Der Regenschirm: Geschichte und Politik; Der Regenschirm und die Literatur; Der Regenschirm und die bildende Kunst; Der Regenschirm und Musik, Film, TV – und liefert ein umfangreiches Nachweisregister sowie ein noch umfangreicheres Literaturverzeichnis gleich mit. Summen Sie bereits das Chanson „Le parapluie“? Und warten Sie bereits ungeduldig auf Julie Andrews in ihrer Rolle als Mary Poppins (1963)?
Dass die Geschichte des Regenschirms/Sonnenschirms weit in die Menschheitsgeschichte reicht, zeigt Alexander Kluy gekonnt und spritzig.
„So bescheiden sich das Tragegerät gibt, es kann nicht leugnen, dass es Erbe einer ausgreifenden Geschichte ist. Und jedes Mal, wenn ihn die Eigentümerin oder der Nachbar in die Hand nimmt, Geschichte mit sich durch die Welt trägt.“
Was Sie versäumen, wenn Sie dieses elegante Buch nicht lesen:
Sie lernen nie und nimmer Ihren Regenschirm näher kennen und verpassen es, sich näher mit Gegenständen Ihrer Umgebung zu beschäftigen; also lesen Sie besser die vielen „Regenschirmgeschichten“, die der Autor hier zitiert, gerne nach.
Alexander Kluy, „der Kluy“ also:
lebt als Journalist und Autor in München. Er schreibt für „Der Standard“, „Buchkultur“ und „Psychologie heute“: pointiert, sensationell recherchiert, mit feinem Blick für Details.
Alexander Kluy:
Der Regenschirm. Eine Kulturgeschichte.
Wien: Edition Atelier 2023.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
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