Die Technikbranche sucht händeringend nach Arbeitskräften, vor allem die Nachfrage nach weiblichem Personal steigt. Eine Lösung wären offenere Unternehmen, die bereit sind, ein entsprechendes Arbeitsumfeld zu schaffen, betont Susanne Steckerl, Geschäftsführerin der she:works GmbH.
Es sind Schulabbrecherinnen, Mädchen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, Wiedereinsteigerinnen nach der Babypause, Frauen, die über 50 sind, aus bildungsfernen Schichten oder anderen Herkunftsländern stammen, die sich an die she:works GmbH wenden. Ihr Wunsch ist es, bessere Berufschancen zu erhalten und mehr Unabhängigkeit zu erlangen.
Ein Ziel, dem sich die oberösterreichische gemeinnützige Organisation, bis vor Kurzem noch „VFQ Gesellschaft für Frauen und Qualifikation“, gänzlich verschrieben hat. „Wir möchten Frauen in Arbeitsbereichen unterbringen, in denen sie gut verdienen und selbständig werden“, erklärt Geschäftsführerin Susanne Steckerl. Um dies zu erreichen, bietet das Unternehmen verschiedene Aus- und Weiterbildungsangebote, vorrangig in den Bereichen Technik und Green Jobs, also nachhaltigen Berufen, an.
Männer müssen sensibilisiert werden
Um seinen Klientinnen einen besseren Einblick in die Welt der Technik zu ermöglichen, veranstaltet das Unternehmen außerdem zahlreiche Exkursionen zu verschiedenen Betrieben. Einer der Gründe, warum gerade Frauen mit Migrationshintergrund oftmals nicht in technische Berufe einsteigen, wird hier deutlich. Denn häufig sind es die Ehemänner, die die Pläne ihrer Partnerinnen durchkreuzen. „Oft kommen sie am Tag nach den Exkursionen wieder und sagen: ‚Es tut mir sehr leid, aber mein Mann will das nicht. Das ist ein Arbeitsbereich mit vielen männlichen Kollegen, ich darf dort nicht arbeiten.‘“
In der Folge kehren sie häufig zu klassischen Rollen zurück und arbeiten wie ihre Mütter im Verkauf oder als Friseurin. Susanne Steckerl ist überzeugt: Für eine Veränderung ist es entscheidend, nicht nur die Frauen, sondern vor allem die Männer stärker zu sensibilisieren.
Reformen im Schulwesen nötig
Doch damit ist es noch nicht erledigt. Für eine nachhaltige Integration müsse mit einer entsprechenden Förderung bereits in der Schulzeit angesetzt werden. Entgegen dem weit verbreiteten Vorurteil sind Mädchen und Buben in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) laut Forschung nämlich gleich gut begabt. Das Problem liegt anderswo. Das zeigt eine Langzeitstudie der Industriellenvereinigung, die Umfragen in der vierten Klasse Volksschule durchführte.
Sie befragte sowohl Burschen als auch Mädchen vor Mathematiktests bezüglich ihres von ihnen erwarteten Abschneidens. 80 Prozent der Schüler meinten: „Das schaffe ich locker“, während es bei den Schülerinnen nur 30 bis 40 Prozent waren. Und das, obwohl die Testergebnisse am Ende relativ ähnlich ausfielen.
„Mädchen trauen sich weniger zu. Der Hebel, um das zu ändern, liegt im pädagogischen und familiären Umfeld.“
„Mädchen trauen sich weniger zu. Der Hebel, um das zu ändern, liegt im pädagogischen und familiären Umfeld.“ Geht es nach der Geschäftsführerin, sollten Mädchen schon früh an technische Fächer und Berufe herangeführt und bestärkt werden. Zudem plädiert sie für Reformen im Schulwesen, die ein projektübergreifendes und -bezogenes Lernen im Team ermöglichen. Das würde den Zugang zu den MINT-Fächern nochmals vereinfachen.
Rahmenbedingungen anpassen
Neben kulturellen Blockaden und mangelnder Förderung in der Schulzeit kritisiert Susanne Steckerl, dass in den Betrieben die Rahmenbedingungen vielfach noch nicht dem entsprechen, was Frauen brauchen, um einer Vollzeitbeschäftigung in einem technischen Beruf nachgehen zu können. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Kinderbetreuung, die in Oberösterreich nach wie vor weder flächendeckend noch ausreichend gegeben ist.
„Wir haben Wiedereinsteigerinnen in unseren Frauenberufszentren, die einen Zwölf-Wochen-Kurs absolvieren und in der Zeit einen Betreuungsplatz benötigen. Von Seiten der Gemeinden, in unserem Fall der Stadt Linz, heißt es dann: ‚unsere Einrichtungen sind voll.‘“ Infolge könnten die Teilnehmerinnen nicht in die angebotenen Kurse einsteigen und sich nicht auf Jobsuche begeben, weil niemand auf ihre Kinder aufpasse.
Schluss mit „Femwashing“
Hinzu komme, dass große Leitbetriebe einerseits zwar behaupten, gerne mehr Frauen und Mädchen einstellen zu wollen, andererseits aber nicht bereit seien, ihre bisher rein männlich geprägte Unternehmenskultur entsprechend umzugestalten. „Als technischer Betrieb ein Damen-WC zu haben, ist zu wenig, um Frauen anzuwerben. Ich muss meine Haltung und meine Grundeinstellung ändern und mir zum Beispiel überlegen, wie meine Lehrlingsausbildner die Mädchen behandeln.“
Laut Susanne Steckerl gibt es bereits einige Vorzeigeunternehmen, viele betrieben aber nach wie vor reines „Femwashing“, das heißt, dass sie zu Werbezwecken ein Engagement für feministische beziehungsweise frauenrechtliche Themen vorgaukeln, de facto aber nichts tun. „Sie hängen sich dieses ‚Frauen-Mascherl‘ gerne um, doch nur die wenigsten Unternehmen leben das auch im inneren Kern.“
Soll es in Zukunft also tatsächlich darum gehen, Frauen von einem technischen Beruf zu überzeugen und sie als Arbeitskräfte zu gewinnen, sind grundlegende Veränderungen nötig.
Zur Sache
Die she:works GmbH ist eine gemeinnützige Organisation, die sich zu 85 Prozent durch ihre Fördergeber, darunter das AMS Oberösterreich, die Abteilungen Soziales und Wirtschaft des Landes Oberösterreich sowie das Frauenreferat und auf Bundesebene das Frauenministerium, finanziert. she-works.at