Hatschi!

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  • Veröffentlicht: 19.03.2024
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Juckreiz, Fließschnupfen und tränende Augen: Im Frühling werden viele AllergikerInnen auf eine harte Probe gestellt. Doch was lässt sich dagegen tun?

Frau Jensen-Jarolim, mit dem Frühling naht die Allergiezeit. Gleichzeitig leiden viele Menschen an viralen Erkältungen. Wie erkennt man den Unterschied?

Eine Erkältung kann mit Fieber einhergehen, bei einer Allergie ist dies kaum der Fall. Allergien äußern sich außerdem häufig durch Juckreiz. Augen oder Nase sind betroffen, oft kommt es zu Niesanfällen. Wenn Betroffene einen gewissen Rhythmus feststellen, beispielsweise denselben Schnupfen auch im Vorjahr um diese Zeit hatten, nur sie betroffen sind und sonst niemand im Umkreis viral erkrankt ist, sollte man an eine Allergie denken.

Was ist dann der nächste Schritt?

Es ist sehr wichtig, das nicht zu übertünchen: Viele lassen sich in der Apotheke beraten und bekommen Antihistaminika oder Nasensprays. Die Pollen verschwinden nach ein paar Wochen wieder und man ist froh, dass man die Symptome behandeln konnte. Doch dann vergessen die Betroffenen es wieder, betreiben keine Aufarbeitung und leiden im nächsten Jahr erneut. Dabei besteht die Gefahr einer Chronifizierung. In der Nase kann sich aus einem leichten Heuschnupfen eine allergische Rhinosinusitis entwickeln. Eine Bronchitis oder bronchiale Hyperreagibilität – oder die maximale respiratorische Variante, das Asthma – ist oft der nächste Schritt. Um den Weg dieser typischen „Allergie-Karriere“ zu vermeiden, ist eine frühzeitige Diagnose wichtig. Um sich auf den Termin bei den AllergologInnen vorzubereiten, hilft es, die Symptome zu notieren und mit den Pollenflugdaten des österreichischen Polleninformationsdienstes abzugleichen.

In den Medien wird häufig berichtet, dass immer mehr Menschen an verschiedenen Allergien leiden.

Ja, wir bemerken diese Entwicklung auch. Die neuesten Daten dazu stammen von der Statistik Austria aus dem Jahr 2019. Allergien sind hier mit 1,7 Millionen Betroffenen die zweithäufigste chronische Erkrankung in Österreich. Die Frage ist, wie genau diese Statistik auch die von den ÄrztInnen diagnostizierten Allergien umfasst. Dennoch kann man aber davon ausgehen, dass zumindest jede/r Fünfte betroffen ist.

Spielen bei dieser Entwicklung die Umweltveränderungen oder unser Lebensstil eine Rolle?

Es ist beides. Ja, die Zahlen werden auch von Umweltfaktoren beeinflusst. Aber in Neuseeland zum Beispiel gibt es eine schöne, relativ intakte Umwelt und trotzdem eine Allergierate von 40 Prozent, weil durch das Ozonloch die UV-Strahlung ungeschützt eindringt. Das führt dazu, dass die Pflanzen mehr Stress haben und mehr Allergene produzieren. Man muss das also in einem größeren Zusammenhang sehen: Die sogenannte „Planetary Health“, also die Gesundheit des Planeten, hat auch Auswirkungen auf die Allergierate.

Mit den steigenden Zahlen wächst auch das Angebot an Produkten, die eine vorbeugende Wirkung gegen Allergien versprechen. Ist das sinnvoll?

Zunächst muss man festhalten: Gängige symptomatische Behandlungen wirken nicht prophylaktisch und nicht nachhaltig. Antihistaminika wirken nach 20 Minuten, aber am nächsten Tag ist die Wirkung weg. Was im Vorfeld Sinn macht, ist, das Immunsystem rechtzeitig einzustimmen. Ein Ansatzpunkt ist das Mikrobiom, da es bei AllergikerInnen häufig zu Mikrobiomveränderungen kommt. Das heißt, sie haben keine besonders reiche und diverse Flora in und an sich, das Mikrobiom ist eingeschränkt. Ursachen dafür sind zum Beispiel Kaiserschnittgeburten, industrielle Ernährung, Magenschutzmittel oder Antibiotikatherapien. Im Prinzip verändert alles, was wir heute im urbanen Leben und in unserer Kultur auf dem Tablett haben, auch das Mikrobiom und damit die Immunabwehr. Denn, und das wird ja auch in der Hygienetheorie so beschrieben: Wir leben immer steriler. Allergische PatientInnen sind nicht nur anfälliger für Allergene, sondern leiden auch häufiger an grippalen Infekten und anderen Infektionen. Zudem leiden sie an einer dauernden Entzündung, die auch zu Mikronährsto ffdefiziten führt, die mit einfachen Nahrungsergänzungsmitteln nicht beherrscht werden können.

Foto: Elisabeth Mandl

Erika Jensen-Jarolim ist Fachärztin für Klinische Immunologie und hat sich mit ihrer Praxis „Allergycare“ in Wien auf Allergien spezialisiert.

„Eine sorgfältige Pflege des Mikrobioms ist wichtig. Dies erreicht man durch eine abwechslungsreiche Ernährung, die unser Mikrobiom unterstützt, ähnlich wie Präbiotika, die man einnehmen kann. Zusätzlich kann man auch Probiotika oder Postbiotika einnehmen.“

Wie kann das Immunsystem unterstützt werden?

Eine sorgfältige Pflege des Mikrobioms ist wichtig. Dies erreicht man durch eine abwechslungsreiche Ernährung, die unser Mikrobiom unterstützt, ähnlich wie Präbiotika, die man einnehmen kann. Zusätzlich kann man auch Probiotika oder Postbiotika einnehmen. Sie stärken die Darmflora und unterstützen deren Reparation. Das könnte man sich wie einen romantischen Bauernhof vorstellen, wo es viel nicht nur mit Aromen angereicherte „gesunde Luft“ gibt. Der „Bauernhofeffekt“ oder „Farmeffekt“ gehört zu den stärksten bekannten Schutzfaktoren gegen Allergieentstehung. Um das Immunsystem auf Vordermann zu bringen, könnten PollenallergikerInnen beispielsweise schon mit Beginn der Adventzeit starten, auch gezielt „Bauernhof-Mikronährstoffe“ einzunehmen. Dazu gibt es unter anderem die „Kuhstallpille“, die als diätisches Nahrungsmittel für den besonderen medizinischen Bedarf in Österreich zugelassen ist und an deren Entwicklung ich mitgearbeitet habe.

Was können Menschen tun, um gezielt gegen eine Allergie vorzugehen?

Wie gesagt: Zunächst benötigt man eine ärztliche Diagnose. Wenn bekannt ist, was der Auslöser ist, lässt sich eine spezifische Allergen-Immuntherapie durchführen. Diese konfrontiert den Körper mit den entsprechenden Allergenen. So soll das Immunsystem lernen, sie wieder zu tolerieren. Oft wird das als „Allergieimpfung“ bezeichnet, was aber nicht stimmt. Impfungen wirken zumeist vorbeugend gegen Erkrankungen. Bei der Therapie wird eine Krankheit bekämpft, die bereits vorhanden ist. Daher auch die lange Behandlungsdauer von drei Jahren.

Stimmt es, dass die ländliche Bevölkerung weniger an Allergien und Umweltverschmutzung leidet als die städtische? 

Das stimmt nur bedingt, denn auch der ländliche Raum hat sich verändert. Die genannten Umwelteinflüsse treten auch dort auf. Es gibt stark befahrene Straßen, die im Winter intensiv besalzt werden, und Salz bedeutet für die Pflanzenwelt zusätzlichen Stress. Zudem kauft man auch am Land etwa die Milch steril abgepackt im Supermarkt. 

Immer wieder hört man von Betroffenen, die zwar unter vermeintlich allergischen Symptomen leiden, bei denen eine Allergie aber nicht diagnostiziert werden konnte, weder via Blut- noch via Prick-Test. Wie lässt sich so etwas erklären?

Ja, das sehe ich recht oft. In solchen Fällen spricht man von einer Überempfindlichkeit, die sich entweder in einer bronchialen Hyperreaktivität oder in einer unspezifischen Rhinitis als Nasenlaufen äußern kann. Meine Erklärung ist, dass man bei manchen Personen zwar oft kein allergenspezifisches IgE – das ist das, wonach man bei Allergien im Blut sucht –, aber oft einen sehr hohen „Total-IgE“-Wert findet, der eben nicht spezifisch gegen Allergene gerichtet ist. Das ist ein Biomarker dafür, dass die Barrieren der Haut und der Schleimhäute durchlässiger sind. Dadurch sind die PatientInnen überempfindlich für eine Vielzahl unspezifischer Faktoren, wie Staub, Duftstoffe und Rauch. Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit, dass sich eine (allergenspezifische) allergische Rhinitis nur in der Nase abspielt. Für eine Diagnose müsste man das Nasensekret oder sogenannte Basophile, also Zellen aus dem Blut, aufwändig untersuchen, was aber niemand macht, weil die Schwankungsbreite groß ist.

Häufige Allergieauslöser im Überblick

Diese fünf Verursacher machen AllergikerInnen über das Jahr verteilt besonders zu schaffen:

  1. Gräserpollen: Gräserpollen gelten als Hauptauslöser des „Heuschnupfens“. Es beginnt mit ersten blühenden Gräsern Mitte April, die Hauptsaison reicht von Mitte Mai bis Anfang August. Erleichterung finden Betroffene in dieser Zeit nur am Meer oder im Hochgebirge.
  2. Tierhaare: Anders als der Name vermuten lässt, reagieren AllergikerInnen bei dieser Form der Allergie nicht auf das Tier selbst. Schuld sind vielmehr bestimmte Eiweißbausteine, die sich in Speichel, Talg- und Schweißdrüsen befinden und etwa durch Textilien in der Luft verbreitet werden.
  3. Hausstaubmilben: Auslöser ist der Kot der Milbe, der sich mit dem Hausstaub verbindet und – durch die Bewegung von Textilien wie Bettdecken, Matratzen oder Teppichen aufgewirbelt – in die Atemluft gelangt. Die Belastung besteht ganzjährig, besonders aber in der Heizphase.
  4. Ragweed: Ragweed, auch als Taubenkraut oder Ambrosia artemisiifolia bekannt, gehört zu jenen Auslösern, die durch den Klimawandel verstärkt auftreten. Die Pollen des Unkrauts können zu Heuschnupfen und/oder Asthma führen. Die Stärke der Belastung hängt von den Wetterbedingungen ab. Die Blühzeit ist von August bis September.
  5. Birke: Birkenpollen gehören zu den aggressivsten und stärksten Baumpollenallergenen, ein Baum kann bis zu 100 Millionen davon produzieren. Die Hauptblütezeit beginnt im April, kann aber auch schon ab März starten und teilweise bis in den Juli andauern.
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